ASIEN/TAIWAN - Kardinal Paul Shan im Gespräch mit dem Fidesdienst: „Die Kirche engagiert sich für die Abschaffung der Todesstrafe und die Verbreitung eines Bewussteins vom Respekt für das Leben in der Gesellschaft“

Dienstag, 1 Juni 2004

Kahoshiung (Fidesdienst) - „Wir fordern von der Regierung die Abschaffung der Todesstrafe in Taiwan. Zu diesem Zweck habe ich mich mehrmals zu Gesprächen mit dem Präsidenten Chen Shui-bian und mit dem Justizminister getroffen, wobei ich jeweils um eine bald mögliche Abschaffung bat“, so Kardinal Paul Shan zum Engagement der Kirche in Taiwan. „Die weltlichen Behörden“, so Kardinal Shan, „haben ihre Bereitschaft unter Beweis gestellt und mir erklärt, dass dafür eine Änderung der geltenden Gesetze notwendig ist und eine solche Änderung nur vom Parlament vorgenommen werden kann. Meiner Ansicht nach wäre eine Abschaffung innerhalb von zwei Jahren konkret möglich: dies ist die Zeitspanne für die Änderung der bestehenden Gesetze und die Verabschiedung von neuen Gesetzen“.
„Wir beteiligen uns auch an einer Aufklärungskampagne in der Öffentlichkeit: Während sich viele Intellektuelle bereits mit dem Thema befassen, herrscht unter der Bevölkerung ein eher geringes Bewusstsein.“, so der Kardinal weiter, „Wir haben uns mit Buddhisten und verschiedenen Nichtregierungsorganisationen zusammengetan: Auf diese Weise wird die Front der Kritiker der Todesstrafe immer stärker. Unserer Ansicht nach ist es sehr wichtig, dass in der Gesellschaft ein Bewusstsein vom Respekt für das Leben von seinem Beginn bis zu seinem Ende entsteht“.
Die Ortkirche veranstaltet zu diesem Zweck auch Konferenzen und Diskussionsrunden, die sich mit dem Thema Todesstrafe befassen. Vor kurzem hat das nach Papst Johannes Paul II. benannte Institut für Friedensforschung der Fu Jen-Universität in der Nähe von Taipeh ein Seminar veranstaltet an dem Katholiken, Buddhisten und Vertreter zahlreicher Verbände teilnahmen.
Dabei wurde den Seminarsteilnehmern anhand von statistischen Daten vor allem vor Augen geführt, dass die Todesstrafe keine abschreckende Wirkung hat und vielmehr die Gefahr bestehe, dass auch unschuldige Menschen getötet werden. Jüngsten Untersuchungen zufolge befürworten gegenwärtig 70% der Einwohner Taiwans die Todesstrafe, wobei der Anteil auf 40% sinkt, wenn alternativ lebenslange Haft vorgeschlagen wird.
Nach Angeben von Amnesty International wurden 2003 in Taiwan sieben Todesurteile durch eine tödliche Injektion vollzogen. Im November 2003 kündigte die Regierung einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Todesstrafe an, der dem Parlament zur Debatte vorgelegt werden muss. (PA) (Fidesdienst, 1/6/2004 - 32 Zeilen, 363 Worte)


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