AFRIKA/SUDAN - Friedensabkommen für den Südsudan unterzeichnet. Konflikt im Westen des Landes weiterhin ungeklärt.

Donnerstag, 27 Mai 2004

Khartoum (Fidesdienst) - Am gestrigen 26. Mai wurde im rund 70 Kilometer von der kenianischen Hauptstadt Nairobi entfernten Naivasha ein Friedensabkommen unterzeichnet, das den seit über 20 Jahren andauernden Bürgerkrieg im Süden des Sudan beenden soll. Unterzeichnet wurden die Vereinbarungen vom Anführer der Rebellenbewegung SPLA und vom stellvertretenden sudanesischen Präsidenten Ali Osman Mohammad Taha. Kenia, die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Italien und Norwegen spielten eine wichtige Rolle bei der Vermittlung.
Die Unterzeichnung des Friedensabkommens fand mit 10 Stunden Verspätung nach dem ursprünglich vorgesehenen Termin statt. Die Zeremonie war für den 26. Mai um 13.00 Uhr festgelegt gewesen, begann jedoch erst um 23.00 Uhr. Bis zuletzt wurde über noch ungelöste Fragen verhandelt: das Machtgleichgewicht während der Zeit der Übergangsregierung (sechseinhalb Jahre) und die Sonderstatuten über die drei nördlichen Regionen (Nubaberge, Abiey und Blu Nile), die auf der Seite der Sezessionisten des Südsudan stehen.
Hauptpunkt der Vereinbarungen ist die Übergangszeit mit einer Regierung der Nationalen Einheit, die sechseinhalb Jahre lang dauern soll. Nach drei Jahren sollen freie Wahlen stattfinden. Und nach Ablauf der sechseinhalb Jahre sollen die Menschen im Süden im Rahmen einer Volksabstimmung darüber entscheiden, ob sie einen föderativen Staat oder die völlige Unabhängigkeit wollen.
Die Vereinbarungen sehen vor, dass der Präsident aus den Reihen der Zentralregierung in Khartoum kommt und der erste stellvertretende Präsident von der SPLA gestellt wird. Der erste stellvertretende Präsident wird jedoch auch im Fall der Abwesenheit des Präsidenten keine Machbefugnisse besitzen. Der zweite stellvertretende Präsident wird aus dem Norden des Landes kommen. Die staatlichen Ämter (Regierung, Parlament) werden wie folgt verteilt: 70% für den Norden, 30% für die Unabhängigkeitskämpfer. Für die Regionen mit einem Sonderstatus werden Gouverneure aus den Reihen der SPLA kommen, wobei 60% der anderen politischen Ämter von der Zentralregierung in Khartoum besetzt werden.
Ein weiterer Punkt, über den lange diskutiert wurde, ist die Anwendung der islamischen Gesetze der Scharia. Den Vereinbarungen zufolge sollen diese Gesetze nur im Norden angewandt werden und im Süden keine Gültigkeit haben. Was die Hauptstadt Khartoum anbelangt, in der zahlreiche Christen und Anhänger von Stammesreligionen aus dem Süden des Landes leben, wurde ein Kompromiss erzielt: während der Übergangszeit wird die Scharia in der Hauptstadt in Kraft sein, wobei für Nichtmuslime jedoch besondere Schutzmaßnahmen gelten und schwersten vom Koran vorgesehenen Strafen (Amputationen, Steinigung) auf sie nicht angewandt werden dürfen. Entsprechend der Vereinbarungen sollen die Erträge aus den Erdölvorkommen, die sich vor allem im Süden des Landes befinden, jeweils zur Hälfte zwischen der Zentralregierung und der Regierung der Staaten im Südsudan geteilt werden.
Die gestern unterzeichneten Vereinbarungen sollen einen blutigen Krieg im Südsudan beenden bei dem seit 1983 über 2 Millionen Menschen gestorben sind und eine noch unbekannte Zahl vertrieben wurden. Ungelöst bleibt jedoch weiterhin der Konflikt in der Region Darfur im Westen des Landes an der Grenze zum Tschad. Hier bekämpfen sich seit Februar 2003 Soldaten der Regierung, die von arabischen Milizionären unterstützt werden und zwei Rebellengruppen, die ein größeres Augenmerk seitens der Zentralregierung fordern. In Darfur gibt es seit langem Spannungen zwischen den arabischen Hirten und den Bauern, die von den Eingeborenenvölkern der Region abstammen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um einen interreligiösen Konflikt, weil es sich bei den meisten Einwohnern um Muslime handelt. Bei dem Konflikt in der westsudanesischen Region Darfur starben bisher über 20.000 Menschen, rund 1 Million Binnenflüchtligen suchten Schutz in anderen Landesteilen während rund 100.000 Menschen in den benachbarten Tschad flüchteten. (LM) (Fidesdienst, 27/5/2004 - 50 Zeilen, 567 Worte)


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