VATIKAN - „Der Atheismus nimmt weltweit nicht zu“, dies bestätigen Statistiken und Untersuchungen zur Nichtgläubigkeit und zur religiösen Gleichgültigkeit des Päpstlichen Rates für Kultur im Vorfeld der Vollversammlung vom 11. bis 13. März

Mittwoch, 10 März 2004

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Entsprechend der ihm vom Papst übertragenen Aufgaben, war es dem Päpstlichen Rat für Kultur angesichts der tief greifenden Veränderungen, die den Beginn des neuen Jahrtausends kennzeichnen, ein besonderes Anliegen erneut dem Phänomen der Nichtgläubigkeit und der religiösen Gleichgültigkeit auf der Welt ein besonderes Augenmerk zu widmen. Dabei wurden vor allem das reelle Ausmaß, die Modalitäten, die Auswirkung auf Gläubige und auf jenes Grenzgebiet zwischen Religion und Nichtgläubigkeit, das die so genannten „neuen religiösen Bewegungen“ oder „alternative Religionen“ darstellen, untersucht.
Obschon es oft einen anderen Anschein hat, dürstet das Herz der Menschen auf deren Suche nach Glück immer noch nach Gott. Aus den 300 Antworten, die im Rahmen der Untersuchung über die Nichtgläubigkeit und die religiöse Gleichgültigkeit bei der Vatikanbehörde eingingen, ging hervor, dass in der westlichen Kultur der „Glaube“ (wenn man so sagen will) sowohl unter den Atheisten als auch in der Kirche zunehmend schwächer wird. Im Gegensatz dazu spielt in den Kulturen in Afrika, Asien und Lateinamerika weiterhin die Volksgläubigkeit eine große Rolle. China befindet sich weiterhin unter dem Einfluss eines atheistischen Staates, dasselbe gilt für Vietnam, Nordkorea und Kuba.
Zu Beginn des neuen Jahrtausends gebe es einen Rückgang der Anhängerschaft bei den großen Religionen und Systemen und gleichzeitig eine erneuertes Interesse für die Religiosität an sich und eine daraus entstehende Zunahme nichtchristlicher Religiosität, so Kardinal Poupard, Präsident des Päpstlichen Rates für Kultur.
Vom militanten und organisierten Atheismus anderer Zeiten ist man vor allem in den westlichen Ländern zu einer Situation der praktischen Gleichgültigkeit und schwindenden Relevanz der Gottesfrage und zu einer Vernachlässigung der praktizierten Religiosität übergegangen. Dieses „neue Gesicht der Nichtgläubigkeit“ stellt die Kirche einer pastoralen Herausforderung gegenüber, nämlich, der Frage, wie das Evangelium unter diesen neuen Nichtgläubigen verkündet werden kann. Diese Frage steht auch im Mittelpunkt der diesjährigen Vollversammlung des Päpstlichen Rates für Kultur.
Aus einer Übersicht über die Situation der Nichtgläubigkeit auf der ganzen Welt geht hervor, dass Asien und Afrika weiterhin die Kontinente bleiben, auf denen Religiosität eine wichtige Rolle spielt. In Afrika gibt es Nichtgläubige vor allem unter den Einwohnern europäischer Abstammung, vielerorts gibt werden weiterhin Stammesreligionen praktiziert und unter christlichen Gläubigen herrscht ein gewisser Synkretismus. Von den Katholiken in Nordamerika leben 46,7% in Kanada, wo sich die Einwohner mehrheitlich zum Christentum bekennen und der Anteil der Agnostiker und Atheisten bei 0,13% liegt. In den Vereinigten Staaten nehmen Atheismus und Nichtgläubigkeit zwar nicht zu, doch es verbreitet sich eine Nichtzugehörigkeit zu spezifischen religiösen Konfessionen.
In Lateinamerika bereitet vor allem die Verbreitung der Sekten, die einen Glauben ohne Einschränkungen anbieten, weiterhin Sorge. Trotzdem befindet sich in Lateinamerika mit Mexiko das Land mit der zweitgrößten Anzahl von Katholiken; in Mittelamerika ist Brasilien das Land mit der weltweit größten Zahl von Katholiken mit 73,8% der Bevölkerung während sich 15% der Einwohner neuen Kirchen und religiösen Bewegungen zugewandt hat und 10% sich als nichtgläubig oder religionslos bezeichnen. In Argentinien bezeichnen sich 4% der Einwohner als Atheisten und 12% als Agnostiker.
In Asien liegt das Problem hingegen nicht im Mangel an Religion, problematisch ist hier vielmehr das sich Überschneiden und das schwierige Zusammenleben verschiedener Religionen. In Japan bezeichnen sich 65%-70% der Bevölkerung als nichtgläubig, wobei jedoch die Religion respektiert wird und die Menschen gerne an religiösen Feiern teilnehmen. Die Philippinen sind das einzige asiatische Land mit großer christlicher Mehrheit. Auch hier ist nicht so sehr die Nichtgläubigkeit Anlass zur Sorge als vielmehr die explosionsartige Verbreitung der Sekten, die größtenteils von ehemaligen Katholiken gegründet werden. In Korea gibt es die meisten Bekehrungen zum Christentum. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Indonesien gibt es eine in der Verfassung verankerte Meldepflicht, was die religiöse Zugehörigkeit anbelangt. Aus diesem Grund gibt es offiziell keine Atheisten.
In Europa ist das Christentum zwar sehr präsent, doch die Situation ist in den verschiedenen sozio-kulturellen Regionen sehr unterschiedlich, weshalb es einer unterschiedlichen Betrachtung bedarf. Im Mittelmeergebiet teilt sich die Bevölkerung in praktizierende Gläubige, gelegentlich praktizierende Gläubige, nicht praktizierende Gläubige, Gleichgültige und Atheisten auf. In Italien bezeichnen sich 14% als gleichgültig und davon 4% als atheistisch; in Spanien gibt es insgesamt wenige Atheisten, doch Anlass zur Sorge ist die Tatsache, dass ihre Zahl vor allem unter jungen Menschen hoch ist. Die drei westeuropäischen Ländern mit den meisten Personen, die sich als „religionslos“ bezeichnen sind: Niederlande (54%), Belgien (37%) und Frankreich (43%). In Deutschland bezeichnen sich 25% der Einwohner als konfessionslos und in Österreich herrscht eine gewisse Gleichgültigkeit vor, die oft auf darauf beruht, dass man nicht aufgrund einer bestimmten Religionszugehörigkeit eingestuft wird.
In Ozeanien bezeichneten sich bei einer im Jahr 2001 in Australien durchgeführten Volkszählung 68% der Befragten als Christen, in Neuseeland liegt der Anteil der Christen bei 66,1%.


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