AFRIKA/KENIA - „Bemühen um Legalität und Bereitschaft zum Dialog können zur Verbesserung der Lage in den Slums beitragen“, so ein Missionar aus Nairobi, der an das Engagement der Kirche in den Armenvierteln erinnert

Freitag, 8 Juni 2007

Nairobi (Fidesdienst) - „Das Vorgehen der Polizei gegen die Mungiki-Sekte muss in den Kontext der Wahlkampagne eingeordnet werden, doch es gibt auch Aspekte, die über den aktuellen Moment hinausgehen“, so ein Missionar aus der kenianischen Hauptstadt Nairobi, wo Polizeibeamte zunächst im Mathare-Slum im Norden der Stadt gegen die Mungiki-Sekte vorgegangen waren und dieses Operation schließlich auf anderer Armenviertel ausgedehnt wurde. „Zwar möchte die Regierung im Hinblick auf die für Ende des Jahres geplanten Wahlen Zeichen setzen, doch auf der anderen Seite trifft es auch zu, dass die Situation untragbar geworden war“, so der Missionar, dessen Namen wir aus Sicherheitsgründen nicht nennen. „In den Slums war ein ‚Staat im Staat’ entstanden. Die Mitglieder der Mungiki-Sekte kontrollieren jeden Aspekt des sozialen Lebens in den Slums: sie haben ihre eigene ‚Polizei’, fordern Bestechungsgelder und Mieten für die Baracken und betreiben ein vom Staat unabhängiges ‚Justizsystem’. Hinzu kommen der Schwarzmarkt besonders gewaltsame Hinrichtungen“
In den vergangenen Wochen waren in Kenia zahlreiche Leichen gefunden worden, die auf verheerende Weise verstümmelt worden waren. Bei den Toten handelte es sich um Mitglieder der Sekte. „Es handelt sich um einen wahres ‚Markenzeichen’ der Sekte, die auf diese Weise sicherstellen will, dass sich ihre Opfer von ‚normalen’ Mordopfern unterscheiden. Auf diese Waise sollen die Menschen in den Slums terrorisiert werden.
„In Kenia fragt man sich, wie es möglich ist, dass ein solches Phänomen entstehen kann“, so unser Beobachter. „In den Zeitungen wurde geschrieben, dass die Mungiki-Sekte und andere ähnliche Gruppen jahrelang von skrupellosen Politikern instrumentalisiert wurden. Doch es muss wohl ein Preis dafür bezahlt werden und im Tausch gegen Stimmen oder Vorteile anderer Art verlangen die Gangs Streiffreiheit für ihre Schwarzmarktgeschäfte und die Kontrolle über die von ihnen bewohnten Gebiete.“
„Es handelt sich um eine mögliche Auslegung, doch man sollte die Hintergründe berücksichtigen“, so der Missionar weiter, „Das Problem ist ein anderes. Es gibt viele Jugendliche ohne Zukunftschancen, die einfache Beute für Organisationen wie die Mungiki-Sekte sind. Die Schule ist in Kenia schwer geworden, und es gibt ein strenges Auswahlverfahren für den Übergang von der Grundschule zu den weiterführenden Schulen und von diesen zur Universität. Wer diese Prüfungen nicht schafft, hat es schwer eine Arbeit zu finden. Viele Jugendliche lassen sich deshalb von den Botschaften der Sekten und der Jugendgangs verführen. Es handelt sich um eine Herausforderung für uns Missionare. Die Kirche ist in den armen Vierteln der Stadt sehr aktiv, doch es bedarf eines noch größeren Engagements. Wir brauchen mehr Priester, Ordensleute und Katechisten für die Verbreitung der Botschaft Christi und damit wir reelle Alternativen zur Verführung der Sekten bieten können, die eine Rückkehr zu entfremdenden heidnischen Glaubensformen mit sich bringen.“
„Die Kirche fordert Legalität aber gleichsam auch Dialogbereitschaft“, so der Missionar weiter. „Es besteht die Sorge, dass das Vorgehen der Polizei eine weitere Spaltung schaffen könnte. In den Slums gibt es zwar Kriminelle, aber vor allem viele Menschen, die Opfer dieser Kriminellen sind. Mit diesen Menschen muss man einen Dialog führen. Die Polizei hat eine Sondereinheit eingerichtet, deren Beamte sich vor allem um Verhandlungen mit den Einwohnern der Slums bemühen sollen. Es handelt sich um ein Pilot-Projekt mit bisher guten Ergebnissen. Nun sollten die Zahl der Mitarbeiter dieser Sondereinheit aufgestockt werden, damit sie zum Glanzstück des Eingreifens in diesen Gebieten wird.“, so der Missionar abschließend. (LM) (Fidesdienst, 08/06/2007 - 59 Zeilen, 596 Worte)


Teilen: