VATIKAN - „DIE STEINE, DIE KLÄNGE, DIE FARBEN DES HAUSES GOTTES“ von Exz. Mons. Mauro Piacenza - “Die kirchlichen Archive” (IV)

Dienstag, 12 Dezember 2006

Vatikanstadt (Fidesdienst) - Die kirchlichen Archive, ein „Schatz in zerbrechlichen Gefässen“. Die Bedeutsamkeit, mehr noch, die Wesentlichkeit der Archive für die Mission selbst der Kirche ist direkt proportional zu ihrer Komplexität und Zerbrechlichkeit.
Die Annäherung an ein historisches Archiv benötigt zu allererst Vermittler, die fähig sind, die dekodifizierten Notizen zu sammeln um sie dem öffentlichen Verständnis zu übergeben. Deshalb sind Experten notwendig, die fähig sind, das dokumentarische Material zu untersuchen, es mit angemessener technischer Berufsausbildung anzugehen; es sind ausgebildete Verwalter notwendig um eine angemessene Nutzung des Materials zu begünstigen, ohne seine Beständigkeit zu gefährden. Die Inventars - und Verbreitungsarbeit der im Archiv gegenwärtigen Daten ist notwendiegerweise in progress, da sie stets vervollkommnungsfähig ist. Sie efordert vielfältige und verschiedenartige Initiativen, um sie innerhalb der Gemeinde, die sie verwahrt, und in der gesamten Gemeinschaft hochzuschätzen.
Derartige Institutionen benötigen darüberhinaus entsprechenden rechtlichen Schutz, Instandhaltung des Materials und kirchliche Wertschätzung. Die Archive müssen mit Sorgfalt beschützt werden, vor allem in einem Kontext wie dem unserer Tage, in dem die veränderten sozialen Bedingungen und die Lage der Geistlichen dazu zwingen, Diözesen und Pfarreien zu vereinen, Institute und Bruderschaften, die ohne Energien geblieben sind, aufzuheben, die Zuständigkeiten unterschiedlicher Organismen anzupassen , deren respektive Archive entweder ignoriert werden oder, schlimmer noch, unangemessene Systematisierung erleiden.
Die Überlieferung des dokumentarischen Patrimoniums ist deshalb ein besonderer Moment der Traditio, sie ist Gedächtnis der Evangelisierung, sie ist Instrument der Pastoral. Als Moment der Traditio macht diese Überlieferung die Kontinuität des eventum salutis der historischen Begebenheit Jesu Christi im aktuellen Pfingsten der Kirche offensichtlich, so dass das chronologische Andenken zu einer spirituellen neuen Lektüre der Geschehnisse führt und das Gewissen der Personen zum sensus ecclesiae sensibilisiert. Als Gedächtnis der Evangelisierung bilden die dokumentarischen Quellen einen Prüfstein der plantatio ecclesiae in all jenen Orten, in denen sich die Predigt des Evangeliums verbreitet hat. Als Instrument der Pastoral zeichnen sie den Sinn der Geschichte einer jeden einzelnen kirchlichen Gemeinde, die so ihre eigene Vergangenheit wahrnehmen und sich für die Zukunft öffnen kann.
Die Wertschätzung eines derartigen Patrimoniums ist grundlegend für die historische Kultur und für die kirchliche Mission. Die örtliche christliche Gemeinde kann so sachkundig ihre eigene Geschichte erzählen und Selbstbewusstsein erlangen. Ebenso kann sie sich kritisch von Vorurteilen und lückenhaften Annahmen befreien.
+Mauro Piacenza, Präsident der päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche, Präsident der päpstlichen Kommission für Archeologia Sacra. (Fidesdienst 12/12/2006 - Zeilen 37, Worte 367)


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