VATIKAN - „DIE STEINE, DIE KLÄNGE, DIE FARBEN DES HAUSES GOTTES“ von Exz. Mons. Mauro Piacenza - Das Zentrum des liturgischen Raums und das Herz der menschlichen Sakralität: Presbyterium und Kreuz (I)

Dienstag, 12 September 2006

Vatikanstadt (Fidesdienst) - 1. Der liturgische Raum der Kirche drückt eine Ekklesiologie aus, die der theologischen Idee entspricht, die die Kirche von sich selbst hat. In der Tat gab es im Lauf der Geschichte nicht nur ein einziges Modell von liturgischem Raum.
Zum Beispiel in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts war man zu einem fast überall einzigen liturgische Raum gekommen: der Hochaltar mit dem Tabernakel ausgerichtet zur Apsis; zwei weitere Altäre an den Wänden der Seitenschiffe, neben dem Presbyterium; letzteres vom Schiff durch eine Kommunionbank getrennt. Die stark einheitliche Idee, mit der Hervorhebung des strukturalen hierarchischen Elements der Kirche hatte ein einheitliches Modell von Kirchenbau hervorgerufen.
Auch die unterschiedliche Akzentuierung des christlichen Glaubens hat auf die Liturgie und die liturgische Architektur eingewirkt. So wurden zum Beispiel in der Barockepoche viele Kirche auf die Funktion des Kultes des Allerheiligsten Sakraments hin gebaut, nach einem Schema dass wir „Thronsaal“ nennen könnten, und deren wahres Motiv die Anbetung der Eucharistie war, welche im Tabernakel aufbewahrt wurde, der in der Tat den zentrale Punkt der Kirche bildete.
Dieses Schema ist verschieden von jenem der Basilika mit ihren Schiffen, die es nicht erlauben, den Tabernakel von jedem Winkel des Raumes aus zu sehen. Nicht dass in der Bauzeit der Basiliken die Wertschätzung der Eucharistie geringer gewesen wäre; vielmehr muss man betonen, dass es nach dem Konzil von Trient seelsorglich notwendig war, den Kult auch ausserhalb der Hl. Messe zu hervorzuheben aufgrund eines grösseren Bewusstseins der Kirche, eines wachsenden Gefühls des Christentums seit dem Mittelalter und der Infragestellung der reellen Gegenwart und deren Verbleibens nach der Messfeier durch die Protestanten.
Sicherlich leitete der Heilige Geist in diesem Sinn und die Hirten waren fügsame Instrumente für einen echten Fortschritt.
2. Heute müssen sich die Liturgie und der Bau der Kirchen in wahrhaftiger Weise mit dem Zweien Vatikanischen Konzil (1962 - 1965) auseinandersetzen, das die Ekklesiologie behandelt hat und eine direkt damit verbundene Liturgiereform verkündet hat.
Gerade im Bezug auf die Interpretation des Konzils hat der Hl. Vater Benedikt XVI den Kirchen die hermeneutischen Koordinaten geliefert, um eine gewisse Konfusion und Schwierigkeit in deren Applikation zu überwinden. (Ansprache an die römische Kurie anlässlich der Präsentation der weihnachtlichen Glückwünsche, 22. Dezember 2005)
Der Papst unterschiedet eine fehlleitende Hermeneutik, “der Diskontinuität und des Bruchs“ von einer echten Hermeneutik „der Reform“. Während die erste erklärt, der wahre Geist des Konzils gehe über die von ihm erstellten Texte hinaus - die Frucht eines Kompromisses seien - und sich in einem Schwung zum Neuen hin konkretisiert, liest die zweite auf korrekte Weise im Konzil den Einsatz „auf neue Art eine bestimmte Wahrheit auszudrücken“, und so zeigt er Elemente der Kontinuität und Diskontinuität auf.
So wie es bei den Glaubenswahrheiten geschieht, die nicht Variationen unterliegen, sondern nur einem tieferen Verständnis, um einer „Entwicklung“ derselben Wahrheit Raum zu geben, so ist es auch für die Reformen. Deshalb hat die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils einige Modifizierungen eingeführt, nicht aufgrund von Lust an der Neuheit selbst, sondern aufgrund einer grösseren Treue zum immer mehr vertieften Geheimnis Gottes und aufgrund der Erfordernissen der Pastoral.
3. Deshalb kann man, im Licht der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils im Bezug auf den liturgischen Raum, und vor allem dem Altar, nicht davon absehen, das Bedürfnis gegenwärtig zu haben dass „die Gläubigen an der heiligen Handlung bewusst, fromm und aktiv teilnehmen (Sacrosanctum Concilium Nr. 48 e 51).
Es geht nicht nur um eine pastorale Aufforderung, sondern um eine Behauptung die in einer bestimmten Ekklesiologie wurzelt, dergemäss „jede liturgische Feier, da Werk Christi des Hohenpriesters und seines Leibes, der Kirche“ die heilige Handlung schlechthin ist (ebd. 7).
Deshalb nehmen die Gläubigen und die geweihten Minister, jeweils mit dem allgemeinen und ministerialen oder hierarchischen Priestertum ausgezeichnet, obwohl sie wesentlich voneinander verschieden sind „am einen Priestertum Christi teil“ (Lumen gentium N. 10), und während die geweihten Minister „das eucharistische Opfer in Persona Christi vollbringen und es Gott im Namen des ganzen Volkes darbringen“ wirken die Gläubigen mit am Opfer der Eucharistie (ebd.)
+Mauro Piacenza, Präsident der päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche, Präsident der päpstlichen Kommission für die religiöse Archäologie. (Fidesdienst 12/9/2006 - Zeilen 60, Worte 704)


Teilen: