AFRIKA/DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO - Wahlen im Kongo. „Die Wähler haben die Reifeprüfung bestanden. Nun liegt es an den Politikern ihren Staatssinn unter Beweis zu stellen“, so ein katholischer Priester aus dem Kongo

Montag, 28 August 2006

Kinshasa (Fidesdienst) - „Für die internationale Staatengemeinschaft war es vielleicht ein überraschendes Ergebnis, nicht aber für die kongolesische Bevölkerung“, so der kongolesische Priester Valer Shango im Gespräch mit dem Fidesdienst zum Ausgang der Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo. „Zahlreiche ausländische Regierungen waren davon überzeugt, dass der scheidende Präsident Joseph Kabila die Wahl im ersten Wahlgang gewinnen würde, doch sie wurden von dem Ergebnis überrascht, nachdem Kabila nur 44,8% der Stimmen erhielt, während sein direkter Herausforderer, Jean-Pierre Bemba 20% der Stimmen erhielt.“ Kabila konnte somit beim ersten Wahlgang nicht die absolute Mehrheit (50% + eine Stimme) auf sich vereinigen weshalb nun am 29. Oktober eine Stichwahl mit dem zwischen ihm und dem Konkurrenten Bemba stattfinden wird.
Bemba ist Vorsitzender der Bewegung für die Befreiung des Kongo (MLC) und wird von verschiedenen politischen Parteien unterstützt, die selbst aus Protest gegen den angeblichen Mangel an Transparenz bei den Wahlmechanismen keinen Kandidaten zur der Wahl aufgestellt hatten.
Die Popularität Bembas hatte in den vergangenen Monaten zugenommen, vor allem nachdem der historische Oppositionsführer aus der Zeit der Mabuto-Diktatur, Étienne Tshisekedi, sich nicht als Kandidat aufstellen ließ und begann, den Vorsitzenden der MLC zu unterstützen. „Es hat mich beeindruckt, dass Bemba in aller Ruhe die ärmsten Viertel der Hauptstadt Kinshasa durchquerte“, so der katholische Geistliche. „Im Allgemeinen ist es für einen Politiker nicht einfach, diese Teile der Stadt zu besuchen, denn die Menschen protestieren energisch gegen die eigenen Lebensbedingungen. Bemba war jedoch vom Tshisekedi, der bei diesen Teilen der Bevölkerung sehr beliebt ist, sozusagen eingeführt worden und wurde deshalb bei seinem Besuch von den Menschen gefeiert.“
Kurz nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen vom 20. bis 22. August, kamen bei Gefechten zwischen der Garde des Präsidenten Kabila und den Milizen Bembas insgesamt 23 Menschen ums Leben. Durch das Eingreifen der Soldaten der Mission der Europäischen Union (EUROFOR) konnte die Ruhe wieder hergestellt werden. „Auch der Erzibischof von Kinshasa, Kardinal Frédérick Etsou, forderte in einem im Radio übertragenen Appell mit Nachdruck zur Beendigung der Gefechte auf“, so Pfarre Shango. „Die Kirche, die sich sehr für das Gelingen der Wahlen engagiert, wünscht sich vor allem den zukünftigen Fortschritt der Demokratie im Land“.
„Trotz der Episoden der Gewalt hat die kongolesische Bevölkerung die eigene Reife unter Beweis gestellt“, so der Geistliche. „Dies ist auch den Bemühungen der katholischen Kirche zu verdanken, die seit langer Zeit Programme zur Vorbereitung der Bürger auf die Wahl durchführte, an der viele Männer und Frauen guten Willens aus verschiedenen Konfessionen teilnahmen. Wir hoffen, dass der Reife der kongolesischen Wähler nun auch das Verantwortungsbewusstsein der politischen Führungskräfte entspricht.“
Was die Zukunft anbelangt, so wünscht sich Pfarrer Shango einen friedlichen Verlauf der Stichwahl bei den Präsidentschaftswahlen, wobei er jedoch befürchtet, dass „keiner der beiden möglichen Präsidenten eine Mehrheit im Parlament haben wird. Aus den ersten Ergebnissen der Parlamentswahlen zeichnet sich ein zersplittertes Parlament ohne eine genau definierte Mehrheit ab. Dies wird eine weitere Herausforderung für die junge kongolesische Demokratie sein.“ (LM) (Fidesdienst, 28/08/2006 - 45 Zeilen, 516 Worte)


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