VATIKAN - DIE WORTE DER GLAUBENSLEHRE von don Nicola Bux und don Salvatore Vitiello - „Dem Glauben gehorsam“

Donnerstag, 4 Mai 2006

Vatikanstadt (Fidesdienst) - “Dem Glauben gehorsam”. Die Einheit als zu erkennendes und in der vollen Zustimmung der eigenen Freiheit zu bezeugendes Geschenk von oben und die Zugehörigkeit als grundlegende Kategorie des Sich - Verstehens als kirchlicher Leib, einem grösseren Ganzen zugehörig, einer Gemeinschaft die zur Begegnung mit dem Geheimnis führt, das sind die Bestandteile, die die Tür auf eine der grundlegenden Charakteristiken des Glaubens öffnen: jener des Gehorsams. Kein „Wort der Glaubenslehre“ hat es heute nötiger verstanden und wieder-verstanden zu werden; es ist in der ganzen Kirche eine Arbeit der „Erziehung zum Gehorsam“ notwendig: ausgehend vor allem vom logischen und theo-logischen Verständnis darüber, was Gehorsam in Wirklichkeit ist, um jene überzeugte und motivierte, personale und existentiell wirksame und sichtbare Zustimmung zu erreichen, die eine unabdingbare christliche Verhaltensweise ist. Wenn wir jene pädagogischen Richtung die die zügelloseste „Spontaneität“ in der Erziehung unterstützte und es nicht nur verhinderte ein bestimmtes Lebensideal vorzuschreiben, sondern auch nur es vorzuschlagen - wenn wir diese pädagogischen Richtung als definitiv überwunden ansehen können, sowohl in den von ihr produzierten unheilvollen und unausgewogenen Ergebnisse, als auch in der Unmöglichkeit ihrer konkreten Anwendung, dann bleibt noch ein weiter Weg zu gehen für eine Erziehung zum Gehorsam, die zutiefst menschlich ist und die ein lebendiges Andenken in der Identität des Ich darstellt als „Abhängigkeit vom Geheimnis“, als Beziehung zu Ihm, der das Leben gibt. Wenn man unter Gehorsam die Absage an das eigene Denken versteht und die nachlässige und akritische Annahme von Dogmen-Geboten, die von aussen auferlegt werden - so wie es heute in der gegenwärtigen Kultur der künstlichen Freiheit geschieht - so ist dies sicher nicht (und kann es nicht sein) der christliche Begriff des Gehorsams. Um den Gehorsam im und zum Glauben zu verstehen ist es unerlässlich von dem Ereignis der Begegnung mit Christus auszugehen „der unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt“ (Deus caritas est, Nr.1).
Nur in der lebendigen Beziehung mit dem Auferstandenen ist es möglich etwas vom Geheimnis des christlichen Gehorsams zu verstehen: der neue Horizont an Bedeutsamkeit, den die Begegnung mit Christus dem Leben eröffnet, bringt den Menschen zu einer unerwarteten und ausserordentlichen Antwort; ein neuer Horizont, auf den jedoch insgeheim das Herz gewartet hat, in welchem eben dank dieser Begegnung die existentiellen und grundlegenden Fragen neu erwachen.
Diese Antwort, diese ausserordentliche Anziehungskraft, dieser neue Horizont, den Christus dem Leben eröffnet, bringt einen Anforderung zur Nachfolge mit sich, die - weit davon entfernt ein äusserliche Auferlegung zu sein - sich als wirkliches und wahrhaftiges Bedürfnis des Menschen darstellt: „Meister, wo wohnst Du?“ (Joh 1,38). Wo ist es möglich diese ausserordentliche Erfahrung, die unser Herz erlebt weiter zu vertiefen? Die ersten beiden Jünger, die dem Herrn begegnet sind, haben gefragt: „Wo?“, d.h. welcher Ort, welcher menschliche Raum bewahrt die Gegenwart des Herrn? Die Antwort kennen wir gut: die Kirche. In der Kirche, Gegenwart Gottes in der Welt, ist die lebendige Gegenwart des Auferstandenen aufbewahrt. Die Kirche überliefert und ermöglicht heute, in der Kraft des Heiligen Geistes, die Begegnung mit Christus, der einem jeden von uns zeitgenössisch ist, gerade eben weil er der Auferstanden ist.
Der Gehorsam hat also nichts mit einer Auferlegung von aussen zu tun, die das Ich und seine subjektiven und begrenzten Bestrebungen abtötet; er ist im Gegenteil die Vorraussetzung für die Möglichkeit auch heute noch zu bestätigen: „Wir haben den Messias gefunden“ (Joh 1,41). Es ist unmöglich, Christus der Welt zu verkünden ohne Gehorsam gegenüber der Kirche. Eine solche Verkündigung bleibt unerbittlich steril, unwirksam, ohne wirkliche Früchte einer authentischen Bekehrung zu bringen. Der Gehorsam tötet die Freiheit des Menschen nicht, im Gegenteil er ist eine „Explosion der Freiheit“, und das gerade weil das eigene Ich sich von einem Anderen abhängig entdeckt und vollkommen zugehörig zur Gemeinschaft der Kirche.


Die erste Mission der Apostel, die erste Mission aller Getauften ist den “Gehorsam des Glaubens” zu leben (Röm 1,5) und in der Kraft dieses Gehorsams allen Menschen Christus zu verkündigen, um sie zu derselben Begegnung mit Ihm, zur gleichen Einheit, zur gleichen Zugehörigkeit und zum gleichen Gehorsam zu bringen.
Wir alle sind in dieser Hinsicht zu einer grossen Urteilsfähigkeit berufen: fragen wir uns, ob nicht manchmal die dramatische Wirkungslosigkeit vieler pastoraler (nicht wirklich kirchlicher) Initiativen von jenem falschen „kritischen Geist“ kommt, der vor lauter „man muss unterscheiden“ damit endet, nicht mehr den echten und vollen Gehorsam gegenüber dem kirchlichen Lehramt zu leben, der das erste Gebiet ist, in welchem sich der Gehorsam des Glaubens und die Zugehörigkeit zum Leib der Kirche zeigt. Die Einheit der Kirche hat gerade in der Gemeinsamkeit des Urteils, das vom Gehorsam her kommt, einen ihrer größten Orte der Sichtbarkeit. Die auch auf den höchsten Ebenen der Hierarchie sich eingebürgerte Gewohnheit, die eigenen persönlichen Meinungen zu präsentieren ohne sich über die Verwirrung Gedanken zu machen, die sie in den Gläubigen hervorrufen und ohne der Wunden zu achten, die sie dem Leib der Kirche zufügen könnten, ist ein beunruhigendes Zeichen. Davon zeugt die „Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen“ unterzeichnet vom ehemaligen Präfekt der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger. (Fidesdienst 4/5/2006 Zeilen 64 Worte 822)


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