AFRIKA/ÄTHIOPIEN - Nach Unterzeichnung des Friedensabkommens in Tigray: Unruhen in der Region Oromia

Donnerstag, 19 Januar 2023

Adigrat (Fides) - "Wir beten für die erfolgreiche Umsetzung des Friedensabkommens. Es ist noch nicht vorbei, viele unserer Gläubigen und unsere Gemeinden werden immer noch von ausländischen Kräften belagert“, berichtet der Erzbischof der katholischen Eparchie von Adigrat, Tesfaselassie Medhin.
Den wenigen zur Verfügung stehenden Berichten zufolge soll sich die Lage in der nördlichen Konfliktregion Tigray nach der Unterzeichnung des in Südafrika zwischen der Regierung in Addis Abeba und den separatistischen Organisationen in der Region erzielten Friedensabkommens Anfang November vergangenen Jahres beruhigt haben (vgl. Fides 03/11/2022). "Dennoch", so der Erzbischof weiter, "leidet die gesamte Bevölkerung unter den Folgen der langen Belagerung und Blockade der Grundversorgung, die nun schon mehr als zwei Jahre andauert. Es herrscht hier weiterhin in eine 'Hölle auf Erden'".
Unterdessen wurden trotz des Waffenstillstands die mit Äthiopien verbündeten eritreischen Truppen nicht abgezogen. Es handelt sich um die am meisten vergessene humanitäre Krise der Welt. Nach Angaben von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Tigray, sollen die eritreischen Streitkräfte auch nach der Unterzeichnung des Abkommens vom November weiterhin Zivilisten getötet haben.
Durch den Konflikt in der Region Tigray ist ein Sicherheitsvakuum entstanden, das es den Rebellen der Oromo-Befreiungsarmee (Oromo Liberation Army, OLA) ermöglicht hat, einen anderen jahrhundertealten Konflikt weiter südlich in der Region Oromia zu eskalieren, die sich damit zur instabilsten Region Äthiopiens entwickelt hat.
Nach Angaben der UN-Agentur für die Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) verschlechtert sich die Lage in der Region rapide, Hunderttausende von Zivilisten mussten fliehen. Vertreter des Oromo-Volkes in den Reihen der Regierungspartei bitten deshalb in einem Schreiben an den in Regierungschef Abiy und den Parlamentssprecher, um Verhandlungen für ein Friedensabkommen nach dem Vorbild der Region Tigray.
"Die Regierung versucht hier seit drei bis vier Jahren, die Rebellengruppe durch Militäroperationen zu besiegen, und es gibt immer noch keine Lösung", so der Vertreter eines Wahlkreises in der Region East Wollega in Oromia. "Deshalb brauchen wir einen neuen Plan. Wir fordern ein Friedensabkommen, das von einer dritten Partei wie der Afrikanischen Union vermittelt wird".
Die Gewalt breitet sich vor allem in ländlichen Gebieten unweit der Hauptstadt Addis Abeba aus, und der Konflikt erfasst die gesamte Region Oromia, die größte Region Äthiopiens. Einer lokalen Quelle zufolge wurden zwischen dem 15. Oktober und dem 10. Dezember 2022 mehr als 80.000 Menschen vertrieben.
Die Wurzeln dieses Konflikts reichen bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als Oromia erobert und gewaltsam in das Reich von Kaiser Menelik II. eingegliedert wurde. Um seine Macht über das Gebiet zu festigen, beauftragte der äthiopische Kaiser bewaffnete Vertreter des Amhara-Stammes, die dort in seinem Namen regieren sollten. Viele Oromo empfinden das Gefühl der Unterdrückung bis heute.
(AP) (Fides 19/1/2023)


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