AMERIKA/CHILE - Bischöfe: “Christen sind aufgerufen, aktive Protagonisten des Wandels zu sein”

Dienstag, 22 November 2022 verfassung   politik   zivilgesellschaft   bischofskonferenzen  

Lo Cañas (Fides) - "Wir wollen alle Initiativen fördern, die zum sozialen Dialog, zum Zusammenhalt und zum Gemeinwohl führen, insbesondere im Hinblick auf den verfassungsgebenden Prozess, der die Anerkennung und das Zuhören aller Sektoren erfordert. Wir, die wir uns zum christlichen Glauben bekennen, sind aufgerufen, aktive Protagonisten des Wandels zu sein, die Chile braucht, indem wir die in der Gesellschaft bereits vorhandenen Formen der Solidarität fördern, die sich aktiv für soziale Gerechtigkeit einsetzen", so die chilenischen Bischöfe zum Abschluss der Vollversammlung der Bischofskonferenz, zu der sie vom 14. bis 18. November in Lo Cañas zusammengekommen waren.
In ihrer Botschaft erklärten die Bischöfe, dass sie gemeinsam über die Realität im globalen Kontext nachgedacht: "Wir nehmen die Schwere der sozialen Unsicherheit, der Gewalt und der Kriminalität wahr, die so viele unserer Landsleute und einige unserer Gemeinschaften erleben", schreiben die Bischöfe, "wir sind uns der wirtschaftlichen und geistigen Unsicherheit so vieler Familien bewusst, die von Inflation und Entmutigung geplagt sind. Wir erleben die Verzweiflung vieler Jugendlicher und Erwachsener, wir fördern die Integration von Migranten in unsere Gesellschaft". Gleichsam wollen sich die Bischöfe um „kirchliche Erneuerung“ bemühen und „uns auf den Weg der Umkehr zu begeben".
Die Bischöfe erinnern an die kirchliche Versammlung, an der Vertreter der katholischen Diözesen, der verschiedenen Ordensgemeinschaften, der apostolischen Bewegungen und der kirchlichen Bildungseinrichtungen teilgenommen haben: Es sei "eine tiefe spirituelle Erfahrung und eine pastorale Erneuerung“ gewesen damit man gemeinsam die „Aufgabe der Evangelisierung und der Verkündigung Jesu Christi fortführen" könne. Die chilenischen Bischöfe erneuerten in diesem Zusammenhang ihr Engagement für einen Weg der Umkehr und für die Ermutigung und Anleitung der Gemeinschaften zur weiteren Vertiefung der synodalen Prozesse.
In dieser Vollversammlung haben die Bischöfe ratifizierten im Rahmen auch das Laienamt des Katecheten auf der Grundlage des von Papst Franziskus herausgegebenen Dokuments „Antiquum Ministerium“. Jede Diözese solle entscheiden, welche Gläubigen zu diesem Laienamt berufen werden können, "das vor allem der Belebung und Entwicklung der Wege der christlichen Initiation und der ständigen Weiterbildung in unseren Gemeinschaften dient".
Abschließend erinnerten die Bischöfe daran, dass ihre Versammlung im Rahmen des Marienmonats stattfand, "der Mutter Chiles und Frau der Hoffnung, die wir am 8. Dezember, dem Fest der Unbefleckten Empfängnis, in ihren zahlreichen Heiligtümern in ganz Chile feiern wollen". Sie begleite die Kirche vor allem auch in der Adventszeit, „die uns auf die Geburt des vom Vater gesandten Christus vorbereitet".
Bei einem am 4. September in Chile abgehaltenen Referendum war der Entwurf der neuen Verfassung mit 60 Prozent der Stimmen abgelehnt worde. Der Entwurf war das Ergebnis eines langen Prozesses, der im Oktober 2019 mit landesweiten Protesten begonnen hatte, bei denen es Tote und Verletzte gab. Die Krise zog sich durch alle Bereiche - Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche – mit zahlreichen Protestkundgebungen, Gewalt und Zusammenstößen. Die Volksabstimmung vom 25. Oktober 2020 (vgl. Fides vom 27/10/2020) hat den Beginn des Prozesses zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung genehmigt, mit der ein von den Bürgern gewählter "Verfassungskonvent" betraut wurde (vgl. Fides vom 03/07/2021).
Am 11. März 2022 trat der erst 36jährige Gabriel Boric, der die Proteste vom Oktober 2019 als Studentenführer geleitet hatte und die Stichwahl bei den Präsidentschaftswahlen vom 19. Dezember 2021 gewonnen hatte, sein Amt als Präsident Chiles an und bekundete die Absciht, die sozio-politische Struktur Chiles durch progressive Reformen zu verändern (vgl. Fides 11/3/2022). In der Zwischenzeit wurde auch die Arbeit an der neuen Verfassung fortgesetzt, mit Diskussionen und Beiträgen zum Text (vgl. Fides 25.7.2022), der das abschließende Referendum über die Annahme vorsah.
Mehr als zwei Monate nach der Volksabstimmung, bei der der Entwurf der neuen Verfassung abgelehnt wurde, hat die Justitia-et-Pax-Kommission der Bischofskonferenz einen Aufruf zum Dialog und zum Zusammenhalt an alle Menschen guten Willens gerichtet, "im Kontext einer politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krise, die das tägliche Leben der Menschen, insbesondere der Schwächsten, beeinträchtigt" (vgl. Fides 15/11/2022).
(SL) (Fides 22/11/2022)


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