VATIKAN - Verkündigung in allen Sprachen: Die prophetische Intuition der "Poliglotta di Propaganda Fide"

Mittwoch, 16 November 2022 kongregation für die evangelisierung der völker  

Von Stefano Lodigiani
Vatikanstadt (Fides) - Die Feierlichkeiten zum 400jährigen Bestehen der Kongregation „de Propaganda Fide“ (Gründungsjahr 1622) bieten auch Gelegenheit zu einem Rückblick auf die innovativen und in vielerlei Hinsicht aktuellen Intuitionen, die am Anfang dieser Institution standen. Von prophetischem Wert sind dabeio auch die ersten "operativen Instrumente", mit denen sich die neugegründet Kongregation ausstatte, angefangen mit der verdienstvollen und ruhmreichen polyglotten Druckerei von Propaganda Fide.
Wer die Geschichte der Druckerei "Poliglotta di Propaganda" zurückverfolgt, stößt auf Figuren und Ereignisse, die auf überraschende Weise auch die Bereitschaft und Flexibilität bezeugen, mit der die "fides romana" Instrumente nutzte, um das von Christus verheißene Heil in aller Welt zu verkünden.
In den Akten der Generalkongregation von Propaganda Fide vom 3. Juni 1626 findet sich bereits der Beschluss zur Gründung der "Poliglotta di Propaganda Fide". Im Jahr 1627 ernannte Papst Urban VIII. Kardinal Guido Bentivoglio zum ersten Präfekten Druckerei. Bei den anderen Kardinälen, die ihm in diesem Amt folgten, waren stets Mitglieder der Kongregation de Propaganda Fide. Die ersten Räumlichkeiten der Druckerei befanden sich laut Chronik in den von Achille Veneri gestifteten Räumlichkeiten an der Salita del Grillo, zwischen dem Quirinalshügel und den Kaiserforen in Rom.
Der Kardinal, der die Leitung der neuen Einrichtung übernehmen sollte, stammte wurde am 4. Oktober 1577 in Ferrara geboren und hatte an der Universität von Padua Rechtswissenschaft studiert. Bentivoglio hatte schon in seinen ersten Studien eine besondere Vorliebe für die Geschichtsschreibung gezeigt, so dass seine in den folgenden Jahren verfassten Werke nach Ansicht der Gelehrten eine unausweichliche Etappe in der Entwicklung der modernen historischen Methodik darstellen. Er zog nach Abschluss seiner Studien in Padua nach Rom.
Seine moralische und intellektuelle, historische und politische Bildung während seiner Zeit in Rom wurde von drei Persönlichkeiten beeinflusst, mit denen er freundschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen pflegte: Kardinal Silvio Antoniano, Akademiker und Essayist; Kardinal Cesare Baronio, von der Kongregation des Oratoriums, Autor der ersten Bände der Annales ecclesiastici (Geschichte des Christentums von den Anfängen bis 1198) und der Revision des römischen Martyrologiums; und der Jesuitenkardinal Roberto Bellarmino, Theologe und Schriftsteller.
Der Presbyter und Erzbischof Guido Bentivoglio wurde am 11. Januar 1621 von Papst Paul V. zum Kardinal ernannt. Als apostolischer Nuntius in Flandern und später am französischen Hof kehrte er nach Rom zurück und wurde mit der Leitung der damaligen „Inquisition“ beauftragt. Er starb am 7. September 1644 in Rom und hinterließ mehrere Werke, von denen einige auch in andere Sprachen übersetzt wurden und die ihn für seine Kompetenz und Leidenschaft in Sachen Diplomatie und Politik sowie für seine Geschichtskenntnisse bekannt machten, mit denen er auch komplexe Sachverhalte für jedermann verständlich darzustellen vermochte.
Diesem Kardinal, der über wissenschaftliche Bildung und Kultur und gleichzeitig über die Fähigkeit zur Synthese und Verbreitung verfügte, wurde daher die Verantwortung für die neu entstandene „Poliglotta“ anvertraut, die kurz nach der Gründung der Kongregation der Propaganda Fide (die von Papst Gregor XVI. am 6. Januar 1622 gegründet und am 22. Juni desselben Jahres offiziell errichtet wurde) und noch vor der Errichtung des Collegio Urbano für die Ausbildung von Missionspriestern, das von Papst Urban VIII. am 1. August 1627 errichtet wurde, das Licht der Welt erblickte.
Die Entstehung der Druckerei wird von den Historikern einem anderen Kulturschaffenden zugeschrieben, nämlich Monsignore Francesco Ingoli (1578-1649), der von 1622 bis zu seinem Tod der erste Sekretär der Kongregation "de Propaganda Fide" war. Ingoli war der Autor des "Berichts über die vier Teile der Welt", der um 1630 verfasst wurde: ein wahrer geomissionarischer Bericht, der auf der Grundlage der Berichte von Missionaren in allen Teilen der damals bekannten Welt erstellt wurde. Das verschollen geglaubte und erst 1999 wiederentdeckte Manuskript besteht aus fünf Teilen, die aus fünf Briefen an Pater Valeriano Magni, den damaligen Provinzial der Kapuziner in Böhmen, bestehen. Jeder Brief ist in der Tat ein dichter Bericht, und aus dem gesamten Werk lässt sich ein vollständiges Bild der Missionstätigkeit der katholischen Kirche in der Mitte des 17. Jahrhunderts gewinnen. Europa, Asien, Afrika und Amerika sind die vier Teile der Welt, denen Ingoli sein Werk widmet. Ein fünfter Brief ist den "Dingen, die in Rom für die Glaubensverbreitung getan werden" gewidmet und beschreibt die ersten Jahre der Kongregation aus der Sicht eines Mitarbeiters.
Eine kurze Betrachtung des kulturellen Hintergrunds und des biblischen Wirkens der beiden Persönlichkeiten, die an der Gründung der „Poliglotta“ maßgeblich beteiligt waren, kann helfen, den Geist und den Zweck besser zu verstehen, mit dem sie gegründet wurde. Ingoli, ein Mann von Kultur und anerkannten Sprachkenntnissen, war fest davon überzeugt, dass das neu gegründete Dikasterium als eine seiner Hauptaufgaben den Druck von Büchern in den verschiedenen Sprachen vorsehen sollte, die für die Missionsarbeit von Nutzen sein würden. Die Missionare brauchten in der Tat Texte der Heiligen Schrift und der katholischen Lehre in der Sprache der Völker, zu denen sie gesandt wurden. Das finanzielle Engagement für diesen Zweck war gewiss nicht unbedeutend und rief im Laufe der Jahre einige Kritik hervor, die Ingoli stets mit Entschlossenheit und Enthusiasmus zurückwies. Es sei darauf hingewiesen, dass die veröffentlichten Texte bald nicht mehr nur den in der ganzen Welt verstreuten Missionaren vorbehalten waren, sondern aus religiösen wie auch aus wirtschaftlichen Gründen über den Buchhandel in Europa verbreitet wurden, um die enormen Kosten zu decken.
Besondere Aufmerksamkeit wurde der Übersetzungsarbeit gewidmet, zu einer Zeit, die damals auch von starken Bemühungen geprägt war, den von protestantischen und orthodoxen Texten verbreiteten Doktrinen und Lehren entgegenzuwirken. Im Jahr 1643 wurde die Druckerei in ein Gebäude in der Nähe des Sitzes des Collegio Urbano an der römischen Piazza di Spagna verlegt, was eine engere und fruchtbarere Zusammenarbeit zwischen der Kongregation, dem Kolleg und der Druckerei in der Verwaltung und insbesondere im sprachlichen Bereich ermöglichte.
Die Druckerei der Kongregation „de Propaganda Fide“ nahm ihre Arbeit dank der Schriften auf, die Kaiser Ferdinand II. der Kongregation geschenkt hatte: "die illyrischen Schriftzeichen des heiligen Hieronymus und des heiligen Kyrill", d. h. die westglagolitische (das älteste slawische Alphabet) bzw. die kyrillische Schrift. Mit diesen Schriftzeichen, die aus Österreich kamen, und mit anderen griechischen und lateinischen Schriftzeichen, die in Rom gefunden wurden, begannen Giovanni Bandini und Francesco Paolini, Korrektoren der „Stamperia Camerale“, ihre Arbeit.
Der erste gedruckte Band war wahrscheinlich eine griechische Version des "Guía de pecadores" des Dominikanermönchs Ludwig von Granada aus dem Jahr 1588, dem Werke über Grammatik, Recht, Rechtsstreitigkeiten und Spiritualität folgten, die alle für die Missionare im Orient bestimmt waren. Der erste Katalog, der 1639 erschien, enthielt die bereits 1628 gedruckten Titel. Der zweite Katalog der Propagandadruckerei, der 1667 erschien, ist ein vielsagendes Beispiel für den missionarischen Elan und die technische Kompetenz. Der von dem Griechen Leo Allatius konzipierte Katalog enthielt unter anderem Werke, wie die des Maroniten Abraham Ecchellensis (1600-1664), Allatius selbst und Kardinal Bona zusammengestellt in verschiedenen westlichen und östlichen Sprachen im Dienste der Missionare veröffentlicht wurden. Zu den zahlreichen wichtigen Werken, die von der Druckerei herausgegeben wurden, gehörte die erste vollständige Ausgabe der gesamten Bibel in arabischer Sprache, die 1671 veröffentlicht wurde und deren xylographische Matrize, die für den Druck des Incipits des ersten Korintherbriefs verwendet wurde und heute im Historischen Archiv der Kongregation aufbewahrt wird.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des fünften Katalogs im Jahr 1761 hatte die typografische Technik ein sehr hohes Niveau erreicht, und die „Poliglotta“ schien inzwischen etabliert zu sein. Der junge Giambattista Bodoni (1740-1813) kam 1758 nach Rom und übte seine typografische Kunst bis 1767 in der Druckerei der Kongregation „de Propaganda Fide“ aus. Danach wechselte er an den herzoglichen Hof von Parma und wurde bald zum "Drucker der Könige" in ganz Europa, ohne jedoch seine Verbindung zur Druckerei zu lösen, in der er als Lehrling seine berufliche Laufbahn begonnen hatte.
Während der Französischen Revolution wurde auch die Druckerei geplündert, konnte sich aber erholen und ihre Missionsarbeit im 19. Jahrhundert fortsetzen. Die „Acta Sanctae Sedis“ ebneten 1909 den Weg für die „Acta Apostolicae Sedis“, und im selben Jahr wurde die Druckerei der Kongregation „de Propaganda Fide“ in die heutige „Tipografia Poliglotta Vaticana“ integriert.
(Quellen: Archivio Storico de Propaganda Fide, Agenzia Fides, Dizionario di Missiologia und "I satelliti di Propaganda Fide: il Collegio Urbano e la Tipografia poliglotta" von Giovanni Pizzorusso)
(Fides 16/11/2022)


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