AFRIKA/D.R. KONGO - Diözese Butembu-Beni: “Könnte es nicht sein, dass Menschen hier getötet werden, um das Gebiet für die Ölförderung zu erschließen?”

Donnerstag, 10 November 2022 massaker   gerechtigkeit   frieden  

Kinshasa (Fides) – „Dieses Massaker spiegelt das wider, was in unserer Diözese seit Oktober 2014 bis heute geschieht: Die ADF greifen die Bevölkerung an und töten sie, brennen Häuser, Transportmittel auf den Straßen und Güter nieder", mit diesen Worten beschreibt Pfarrer Aurélien Kambale Rukwata, Leiter der Justitia-et-Pax-Kommission der Diözese Butembo-Beni, den Angriff auf das Dorf Maboya in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober 2022 (vgl. Fides 21.10.2022).
Die Angreifer, so erinnert sich Pater Rukwata, "übernahmen die Kontrolle über die kleine Polizeistation, setzten die kleinen Apotheken in Brand und gingen dann zum ‚Maboya Health Reference Centre‘, das zum diözesanen Gesundheitsamt (BDOM) gehört und von den Petites Soeurs del la Présentation de Notre Dame au Temple (PSP), geführt wird". "Sie kamen dort an, steckten das Gesundheitszentrum in Brand, durchwühlten die Apotheke und erschossen Schwester Marie-Sylvie Kavuke Vakatsuraki, die leitende Ärztin der Klinik, die gerade eine Frau per Kaiserschnitt entbinden wollte. Die Nonne wurde getötet und verbrannte im Feuer des Krankenhauses: von ihr wurden nur verkohlte Knochen gefunden. Sechs weitere Menschen wurden bei dem Angriff getötet", so der dramatische Bericht des katholischen Geistlichen.
"Seit 2014 hat diese Situation bis heute mehr als zehntausend Tote in der Region und in unserer Diözese verursacht, ohne dass eine Lösung gefunden wurde", beklagt Pfarrer Rukwata. "Es handelt sich nicht um einen Stammeskonflikt: Es gibt keine Gemeinschaft, die gegen eine andere kämpft", betont der Priester. "Es handelt sich um eine terroristische Gruppe namens ADF (Alliance of Democratic Forces), die sich mit der Nalu (Nationale Armee zur Befreiung Ugandas) zusammengeschlossen hat und die friedliche Bevölkerungsgruppen angreift, um sie zu töten. Und es handelt sich nicht um eine kongolesische Bewegung: Sie kommt ursprünglich aus Uganda und hat auf kongolesischem Gebiet Stellung bezogen, um zu versuchen, die Macht wiederzuerlangen, die sie in ihrem eigenen Land verloren hat", so der Priester weiter. In der Demokratischen Republik Kongo sei die ADF/NALU jedoch nur Akteur in einer Strategie, die darauf abziele, "die Menschen mit Terror von ihrem Land zu vertreiben: Die Menschen haben keinen Zugang mehr zu ihren Feldern, wenn ihre Haupttätigkeit Ackerbau und Viehzucht und nicht der Handel ist. Auf der Flucht vor diesen Grausamkeiten verlassen die Menschen ihre Dörfer und Felder und suchen Zuflucht in Gegenden, die sie für sicherer halten: in den großen Ballungsräumen wie den Städten Oicha, Beni und Butembo“.
"Aber", fügt der Priester abschließend hinzu, "es gibt noch eine andere Dynamik in der Region: Es ist der Konflikt der als 'Banyabwisha' bekannten Bevölkerung, die vom kleinen Norden in den großen Norden unserer Provinz zieht. Es handelt sich dabei um ruandische Hutu, die in die Regionen einwandern, in denen diese Gräueltaten begangen werden". "Nach einer Analyse, die noch nicht endgültig ist, glauben wir, dass, wenn es Verbindungen zwischen Banyabwisha und der ADF gäbe, die Unsicherheit auf das ruandische Regime zurückgehen würde: Es könnte sein, dass die Bewegung von Ruanda unterstützt wird. Diese Hypothese ist ernst zu nehmen und verdient eine eingehende Analyse, zumal Ruanda immer wieder versucht hat, seine wirtschaftliche und politische Expansion in den Osten der Demokratischen Republik Kongo auszudehnen", so der Leiter der Justitia-et-Pax-Komission, der noch hinzufügt: "Die zögerliche Haltung der internationalen Gemeinschaft macht uns skeptisch und ratlos. Man fragt sich: Könnten die Ereignisse, die sich hier abspielen, nicht auch mit der Entdeckung der Reichtümer dieser Region, insbesondere des Erdöls, zusammenhängen? Könnte es nicht sein, dass Menschen getötet werden, um die Bevölkerung zu erschrecken, damit sie das Gebiet für die Ölförderung frei gibt? Das sind Fragen, die wir uns stellen".
(L.M.) (Fides 10/11/2022)


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