ASIEN/IRAK - Patriarch Sako zitiert gegenüber irakischen Politikern den Vetter des Propheten Mohammed

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saintadday.com

Baghdad (Fides) - Ali ibn Abi Talib, der Vetter und Schwiegersohn gilt den Schiiten als erster Imam. Den muslimischen Gelehrten zitierte der chaldäische Patriarch Louis Raphael Sako zu Beginn seiner Ansprache, die er am Samstag, den 5. Februar, vor etwa zweitausend Vertretern der politischen Parteien des Irak hielt, mit folgenden Worten: „Lass dein Herz die Barmherzigkeit gegenüber den Untertanen fühlen sowie die Liebe und Freundlichkeit ihnen gegenüber, und stehe nicht über ihnen wie reißende Raubtiere, die ihre Nahrung erbeuten, denn sie sind von zweierlei Art: Entweder dein Bruder in der Religion, oder dir in der Schöpfung gleich“.
Den Vortrag hielt der Patriarch in einem großen Konferenzsaal in Bagdad, anlässlich des jährlichen Treffens, zu dem der irakische Politiker und Religionsvertreter Ammar al Akim einlädt, der bis 2017 an der Spitze des Obersten Islamischen Rates des Irak stand. Der Initiator des Treffens gehört einer der einflussreichen schiitischen Familien des Landes an. Er wurde 1971 in Nadschaf geboren und musste zunächst im Alter von neun Jahren zusammen mit seinem Vater ins iranische Exil fliehen, nachdem das Regime von Saddam Hussein sieben seiner Onkel und zweiundsechzig seiner Verwandten ermordet hatte. Ammar Akim hat im Iran an der Universität von Qom, dem wichtigsten Zentrum für das Studium des schiitischen Islams, studiert und steht heute in Verbindung mit irakischen schiitischen Parteien, die als dem Iran nahe stehend gelten. "In meiner Rede", so Patriarch Sako gegenüber Fides, "sprach ich unter anderem von Toleranz und betonte die zentrale Bedeutung von Schule und Bildung als Bereiche, die behandelt werden müssen, um die jungen Generationen vom Virus des Sektierertums zu befreien. Ich habe auf die Geißel der Korruption, die Gefahren der Instrumentalisierung des so genannten 'religiösen Diskurses' und die Notwendigkeit hingewiesen, Gesetze zu erlassen, die sich am Grundsatz der Staatsbürgerschaft orientieren".
An dem von Ammar Akim veranstalteten Treffen nahmen unter anderem der scheidende Präsident Barham Salih, der scheidende Premierminister Mustafa al Khadimi und der Parlamentspräsident Muhammad al Halbousi teil. Der einzige Vertreter einer Glaubensgemeinschaft, der eingeladen wurde, um vor irakischen Politikern zu sprechen, war Patriarch Sako, der seine Rede mit einem Zitat aus dem berühmten Brief von Imam Ali an Malik al-Ashtar, einem treuen Anhänger und Gouverneur von Ägypten begann. Der Brief gibt Malik al-Ashtar Ratschläge für einen gerechten Umgang mit dem ägyptischen Volk und wird von einigen Gelehrten als Vorbild für jeden islamischen Herrscher angesehen, der gerecht und vorausschauend handeln will.
Diese Einladung eines schiitischen Führers an den chaldäischen Patriarchen ist besonderer Bedeutung, wenn man bedenkt, dass sich das Land nach den Parlamentswahlen vom 10. Oktober 2021 in einer kritischen politischen Phase befindet. Die ethnisch-konfessionelle Aufteilung der institutionellen Ämter sieht vor, dass das Staatsoberhaupt aus den Reihen der kurdischen Politiker gewählt wird, während der Parlamentspräsident ein Sunnit und der Premierminister ein Schiit sein muss. Bei den letzten Wahlen im Oktober letzten Jahres wurde die von dem Schiitenführer Muqtada al Sadr geführte Sadristen-Bewegung , die nun 73 der 329 Sitze im Parlament innehat, die bestätigt . Die Wahlen haben das parlamentarische Gewicht der pro-iranischen schiitischen Parteien verändert, doch bislang ist es nicht gelungen, eine neue Regierung zu bilden. Auch war es nicht möglich, einen neuen Präsidenten zu wählen.
(GV) (Fides 8/2/2022)


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