ASIEN/TÜRKEI - Präsident Erdogan bestätigt baldige Verarbschiedung von neuen Bestimmungen für nicht-muslimische Stiftungen

Donnerstag, 27 Januar 2022 mittlerer osten   ortskirchen   ostkirchen   religiöse minderheiten   geopolitik  

agos.com

Ankara (Fides) - Das Verfahren zur Veröffentlichung neuer Bestimmungen für nicht-muslimische Stiftungen in der Türkei ist fast abgeschlossen. Die neuen Bestimmungen sollen es diesen Einrichtungen nach einer achtjährigen Zeit des institutionellen Stillstands bald ermöglichen, ihre Leitungsgremien zu erneuern. Der "Neustart" der Stiftungen wurde vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan selbst bei seinem Treffen mit dem Leiter der Yedikule Surp Pırgic Hospital Foundation und Präsidenten der Vereinigung armenischer Stiftungen, Bedros Şirinoğlu, am Dienstag, den 25. Januar, angekündigt.
Erdogan empfing Şirinoğlu in Ankara im Çankaya-Palast. Während des 45-minütigen Treffens sicherte der türkische Präsident die baldige Veröffentlichung einer neuen Satzung für die Stiftungen zu, in der auch die Verfahren für die Erneuerung ihrer Vorstände festgelegt werden. Şirinoğlu zog gegenüber den türkischen Medien in Betracht, dass es höchstens noch drei bis vier Monate dauern würde, bis die neuen Verordnungen veröffentlicht würden und damit die Wahlverfahren für die Neubesetzung von Führungspositionen beginnen könnten. "Während des Treffens", fügte der Präsident der armenischen Stiftungen in einem Interview mit der armenisch-türkischen Zeitung „Agos“ hinzu, "habe ich erklärt, dass es einen Bedarf an differenzierten Regelungen für jede Minderheitengemeinschaft gibt, und Präsident Erdogan hat geantwortet, dass an diesem Thema gearbeitet wird."
In der Türkei wirkt sich die Verwaltung von Minderheitenstiftungen auch auf das Leben der lokalen christlichen Gemeinden aus, angefangen bei der armenischen. Diese sind nämlich mit der Verwaltung von Gebetsstätten, Immobilien und öffentlichen Einrichtungen betraut, die mit den verschiedenen nicht-muslimischen Gemeinschaften, einschließlich Juden, verbunden sind.
Bereits Anfang Dezember 2021 bestätigte Burhan Ersoy, Generaldirektor der Stiftungen, dass der Prozess der Ausarbeitung neuer Bestimmungen, insbesondere für die Wahlen zu den Ämtern innerhalb der Stiftungen, ein gutes Stadium erreicht habe. Er bekräftigte in diesem Zusammenhang dass der Textentwurf unter Berücksichtigung der Forderungen und Vorschläge der verschiedenen Minderheitengemeinschaften erstellt worden sei.
Die bisherige Wahlordnung für die Führungsspitze der Stiftungen war 2013 ausgesetzt worden (vgl. Fides 7/12/2021), was mit der erklärten Absicht begründet wurde, die Verwaltung der diesen Einrichtungen anvertrauten Immobilien funktioneller und transparenter zu gestalten.
Der bisherige rechtliche Status der Stiftungen beruht auf dem Vertrag von Lausanne, der 1923 von der Türkei und den Sieger-Mächten des ersten Weltkriegs (dem Britischen Empire, Frankreich und dem Russischen Reich) unterzeichnet wurde. Der Vertrag garantiert den nicht-muslimischen Glaubensgemeinschaften in der Türkei die Gleichheit vor dem Gesetz und die Freiheit, "religiöse und soziale Einrichtungen" zu fördern und zu verwalten. In den letzten zwei Jahrzehnten hatte die Türkei viele der Streitigkeiten über die Verwaltung und den Verbleib des vom Staat beschlagnahmten Eigentums, auf das die Stiftungen die durch den Vertrag von Lausanne garantierten Rechte beanspruchen, behandelt und beigelegt. Nach offiziellen Angaben wurden zwischen 2013 und 2018 rund 1.084 Immobilien an Stiftungen zurückgegeben, die mit nicht-muslimischen Gemeinschaften verbunden sind, und 20 Gotteshäuser wurden nach notwendigen Renovierungen ebenfalls an diese Gemeinschaften übergeben.
In der Vergangenheit hatten gesetzliche Bestimmungen seit 1936 den nicht-muslimischen Gemeinschaftsstiftungen die Möglichkeit eröffnet, neues Eigentum zu erwerben. Doch 1974 wurde diese Garantie aufgehoben und der türkische Staat begann, das seit 1936 von nicht-muslimischen Gemeinschaftsstiftungen erworbene Eigentum zu beschlagnahmen. Nach dem Jahr 2000 erleichterten neue Bestimmungen, die im Rahmen der Harmonisierungspakete für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union erlassen wurden, die Rückgabe von zuvor vom Staat beschlagnahmtem Eigentum an die Stiftungen.
In der Generalversammlung der türkischen Stiftungen schließen sich 167 nicht-muslimischen Gemeinschaftsstiftungen in der Türkei zusammen. Neunzehn von ihnen sind "Minderheiten"-Stiftungen, die mit der jüdischen Gemeinschaft verbunden sind, während die anderen mit verschiedenen christlichen Gemeinschaften verbunden sind. Die griechisch-orthodoxe Gemeinschaft verfügt über 77 Stiftungen, die armenische Gemeinschaft über 54 Stiftungen.
Am Mittwochabend, dem 26. Januar, kündigte unterdessen der türkische Präsident Erdogan in einer Fernsehansprache an, dass der israelische Staatspräsident Isaac Herzog der Türkei im nächsten Monat einen offiziellen Besuch abstatten wird, und fügte hinzu: "Dieser Besuch könnte ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen der Türkei und Israel aufschlagen".
(GV) (Fides 27/1/2022)


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