AFRIKA/ZENTRALAFRIKANISCHE REPUBLIK - Kardinal Nzapalainga: “Es muss bei den Menschen ein Bewusstsein für Frieden entstehen“

Donnerstag, 6 Mai 2021 frieden   gewalt   bewaffnete gruppen  

Bangui (Fides) - „In der Zentralafrikanischen Republik ist ein Wandel im Gange“, so Kardinal Napalainga, der Erzbischof von Bangui in der Zentralafrikanischen Republik, im Gespräch mit Fides. „Die bewaffneten Rebellen, die in die Städte gekommen waren, haben diese verlassen und haben sich in die Wälder zurückgezogen. Es bleibt abzuwarten, ob es sich um echten oder nur vorübergehenden Frieden handelt. Jetzt ist es wichtig, dass es unter den Menschen ein Bewusstsein entsteht. Es ist entscheidend, ein Gefühl des Friedens in den Menschen zu schaffen, um die Herzen zu entwaffnen. Nicht nur die Rebellen, sondern die gesamte Gesellschaft muss ein Gleichgewicht finden und den Weg zum Frieden ebnen“, Kardinal Nzapalainga sieht trotz Monaten des Wiederauflebens des Konflikts und der noch andauernden Flucht von Zehntausenden von Menschen in die Nachbarländer, einen Schimmer der Hoffnung für die Zukunft seines Landes.
Der Kardinal sagt gegenüber Fides: „Für viele Menschen gibt es wieder relative Ruhe. Die meisten von ihnen haben jedoch ihr Zuhause, ihren Besitz und sogar ihre Familie oder Freunde verloren. Natürlich haben die Massenverbrechen abgenommen und dies gibt uns Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Aber es gibt keine Gewissheit, weil die Rebellen am Rande der Stadt immer noch existieren und bewaffnet sind. Der gegenwärtige Moment muss jedoch genutzt werden, um die Voraussetzungen für eine Versöhnung in der Gesellschaft zu schaffen. Wir müssen versuchen, uns ihre schrittweise Integration in das soziale Gefüge vorzustellen, damit sie wieder zu menschenwürdiger Arbeit zurückkehren und die Waffen ein für alle Mal vergessen können. Ohne diesen Wandel wird es schwierig sein, Frieden zu erreichen. Es ist wichtig, aus dem Herzen heraus zu sprechen, mit dem Bewusstsein für das Wohl des Landes, damit jeder sein eigenes Interesse überwindet, und das Gemeinwohl vor Augen hat."
Bei dem zweite Gipfeltreffen der Regionalkonferenz der Länder der Großen Seen (Cirgl), das kürzlich in Angola stattfand, wurde auch die Lage in der Zentralafrikanischen Republik erörtert. Diese Initiative und der gleichzeitigen Befreiung der Städte von den Rebellen wird als weiterer Fortschritt für den Frieden bewertet.
"Ich hoffe, dass die erklärten Absichten ehrlich sind“, so der Erzbischof von Bangui weiter, „und dass es einen echten Wunsch nach Frieden gibt, weil unser Land Stabilität braucht. Die Regierung hat Hilfe von Russland und Ruanda im Kampf gegen die Rebellen erhalten, und das erste Ergebnis ist, dass mindestens 75% des Territoriums des Landes unter staatlicher Kontrolle stehen. Jetzt müssen wir uns dem sozialen Drama der Bevölkerung stellen und einen radikalen Wandel fördern. Veränderung muss vom Herzen kommen, denn es reicht nicht aus, keine Waffen zu besitzen: Ein friedliches Herz wird zweifellos dazu führen, dass man nicht mehr zu Waffen greift“…
Der Kardinal erinnert an die Spannungen nach den Wahlen im Dezember und März. Präsident Faustin Touadera wurde vor allem deshalb erneut im Amt bestätigt, weil die Bevölkerung Frieden und Stabilität wünschte. „Wir empfehlen nachdrücklich, dass sich das neue Führungsteam aus kompetenten Frauen und Männern zusammensetzt“, sagt der Kardinal.
Die Kirche spielt seit jeher eine wichtige Rolle bei der Friedensarbeit und es geht dabei vor allem um den Dialog mit den Muslimen, um den sich der Aufbau einer neuen zentralafrikanischen Gesellschaft dreht: "Die Kirche“, erklärt der Kardinal, „hilft allen ihren Kinder und fördert den Schutz des menschlichen Lebens und unternimmt dabei alle notwendigen Anstrengungen, damit diejenigen, die für den Krieg sind, und diejenigen, die von außerhalb unseres Landes mit dem Wunsch kommen, uns Schaden zuzufügen, ihre Herzenshaltung ändern. Wir haben immer betont, dass die Lösung nicht nur militärisch sein kann, und dass Vermittlung und Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft erforderlich sind. Konkret bemühen wir uns immer in besonderer Weise um den Dialog. Unterdessen brachte der Präsident Ende April Beratungen auf den Weg und bat auch die Kirche, einen Beitrag zu leisten. Wir werden dies auch dank informeller Arbeit durch Pfarreien und Bewegungen gewährleisten können.“
Im vergangenen Dezember verstarb Imam Omar Kobine Lamaya, Präsident des Höheren Islamischen Rates der Zentralafrikanischen Republik und ein großer Freund des Kardinals. Die beiden wurden in den Jahren der größten Not für Zentralafrika gemeinsam zu Protagonisten der Gesten des Friedens und der gegenseitigen Akzeptanz der Gemeinschaften, was sie zu Symbolen einer echten Geschwisterlichkeit im Land und auf der ganzen Welt machte, denn sie waren ein Zeichen für einen tatsächlichen Dialog, der sich nicht nur auf die Theorie beschränkt.
Kardinal Nzapalainga erzählt: "Es gibt einen Dialog des Lebens, der sehr wichtig ist. Ich habe kürzlich anlässlich des Beginns des Ramadan den neuen Imam und die Verantwortlichen der islamischen Gemeinde besucht, und wir haben ihnen Essen gebracht, um es am Ende des Tages mit den Ärmsten zu teilen. Ich glaube, dass der Dialog zwischen unseren beiden Gemeinschaften die Mentalität in unserer Gesellschaft wirklich verändert hat: Es gibt keine Stadtviertel mehr, in denen nur Muslime oder nur Christen wohnen. Als die Rebellen die Städte Bangassou und Boua besetzten, gingen der Imam, ich und ein protestantischer Pastor ihnen entgegen und sagten, dass das menschliche Leben an erster Stelle steht und dass es wichtig ist, seine Heiligkeit zu respektieren. Dies wirkte sich positiv aus, weil die Rebellen sahen und erkannten, dass Männer Gottes ihnen entgegengegangen waren. Wir sind 7 km gelaufen, um in den Wald zu gehen und direkt mit ihnen zu sprechen, um das Ausmaß der Gewalt zu verringern. “
(LA) (Fides 6/5/2021)


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