AFRIKA/ÄTHIOPIEN - Humanitärer Korridor soll Versorgung in Tigray garantieren: Priester befürchtet „Massendeportation“ eritreischer Flüchtlinge

Donnerstag, 3 Dezember 2020 krisengebiete   humanitäre hilfe   solidarietät   uno   flüchtlinge   kriege  

Addis Abeba (Fides) - Die äthiopische Regierung will zusammen mit den Vereinten Nationen die Schaffung eines humanitären Korridors ermöglichen. Dies gilt für die Gebiete unter der Kontrolle der Bundesregierung und soll die Verteilung von Lebensmitteln Medikamente und andere wichtige Hilfsmittel in der Region Tigray gewährleisten. Seit Beginn der Gefechte am 3. November ist die nördliche Region Äthiopiens isoliert. Die Lebensmittel- und Kraftstoffvorräte sind erschöpft. Seit Wochen bitten die Vereinten Nationen und andere Organisationen erfolglos um Zugang zur Region, um den sechs Millionen betroffenen Menschen zu helfen. "Wir arbeiten daran, dass die Hilfe in der gesamten Region und für jede einzelne Person, die sie benötigt, bereitgestellt wird", kündigte Saviano Abreu, ein Sprecher der Vereinten Nationen, nun an. "Wir fordern, dass alle Konfliktparteien sicherstellen, dass die Hilfe für Tigray ihren Bestimmungsort erreicht und nach den Grundsätzen der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität verteilt wird", fügte er hinzu.
Die humanitäre Situation in der Region Tigray ist ernst. Schätzungen zufolge sind mehr als eine Million Menschen aus Tigray vertrieben worden, von denen über 45.000 in den benachbarten Sudan geflohen sind. Am schlimmsten ist die Situation der fast 100.000 eritreischen Flüchtlinge, die in Lagern nahe der Grenze leben. Berichten zufolge wurden in diesen Camps einige Flüchtlinge getötet oder entführt und schwere Verstöße gegen internationales Recht begangen.
"Abgesehen von den bewaffneten Zusammenstößen“, so Pfarrer Mussie Zerai, ein eritreischer Priester, der sich für eritreische Flüchtlinge einsetzt , “sind die Menschen den Flüchtlingslagern doppelt bedroht: es besteht das Risiko einer erzwungenen Abschiebung nach Eritrea und enorme Schwierigkeiten beim Lebensunterhalt aufgrund der plötzlichen Unterbrechung aller Formen der Unterstützung und Lieferung selbst der lebensnotwendigen Güter".
Die Abschiebungsgefahr betrifft insbesondere das Lager Shimelba, das nördlichste an der Grenze zu Eritrea. Seit Tagen kursieren Berichte, wonach etwa sechstausend Flüchtlinge im oder um das Camp blockiert und von eritreischen Militäreinheiten, die als Verbündete der äthiopischen Bundesarmee nach Tigrinya gekommen sind, zurückgeführt wurden. "Im Grunde ist eine echte Massendeportation”, so Pfarrer Mussie, „und die Opfer laufen Gefahr einfach zu verschwunden”. Es sei unmöglich sie zu finden, da alle UNHCR-Aufzeichnungen zerstört worden wären, um keine Spur zu hinterlassen oder auf jeden Fall, um die Suche extrem zu erschweren.
Äthiopien ist verpflichtet, die Sicherheit und Freiheit dieser Menschen zu gewährleisten. Niemand darf ignorieren, dass alle Flüchtlinge vom Asmara-Regime als „Verräter“ und „Deserteure“ betrachtet werden. “Sie zu zwingen, nach Eritrea zurückzukehren, bedeutet, sie einer echten Vergeltung auszusetzen, die aus Gefängnis und Tod besteht”, so der katholische Priester, „Das heißt, sie sind der Rache und Vergeltung dieser Diktatur ausgesetzt, die jeder Flüchtling seiner eigenen Flucht vor der ganzen Welt bezeugt."
Bis zum Kriegsbeginn wurden von der Regierung in Tigray und den internationalen humanitären Hilfsorganisationen ausreichende Hilfe und Versorgung für das tägliche Leben Tausender Flüchtlinge bereitgestellt. Seit Beginn des Konflikts sind Lieferungen rapide geschrumpft und nunmehr erschöpft.
"Wir bitten dringend um rasche Interventionen aller wichtigen internationalen Institutionen (insbesondere der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der Europäischen Union sowie der Regierung von Addis Abeba selbst)”, so Pfarrer Mussie abschließend.
(EC) (Fides 3/12/2020)


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