AFRIKA/ÄGYPTEN - Al-Azhar-Universität: "Auch in der Geschichte des Judentums und des Christentums gab es Gewalt”

Mittwoch, 1 März 2017 dialog   islam   extremismus   religiöser fundamentalismus  

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Kairo (Fides) – Auch “das Judentum und das Christentum haben eine von Gewalt geprägte Geschichte” und alle Religionen haben sich zu Komplizen von Gewalt und Morden gemacht. Dies betont der Großimam der Al-Azhar-Univesität, Scheich Ahmed al-Tayyib, zur Verbindung zwischen Religion und Gewalt, die es nicht nur in der Geschichte des Islam sondern auch in der Geschichte der anderen “Religionen des Buches” gibt. Al-Tayyib äußerte sich in diesem Sinne in seinem Vortrag bei der Konferenz “Freiheit und Bürgerschaft, Unterschiedlichkeit und Integration”, die von der von ihm geleiteten sunnitischen Al-Azhar-Universität in Kairo veranstaltet wurde. Im Rahmen der Konferenz befassen sich Vertreter des Islam und des Christentums mit dem Zusammenleben der Religionsgemeinschaften im Nahen Osten. Der Großimam erinnerte ausdrücklich an die Kreuzzüge, aber auch an die jüngsten Balkankriege und die dort verübte Gewalt gegen bosnische Muslime und lehnte es dabei ab, dass nur der Islam “auf der Anklagebank sitzt“, wenn es um religiöse Gewalt geht. “Dass sich Religionen von Terrorismus distanzieren reicht nicht mehr aus”, Al-Tayyib, “angesichts der barbarischen Herausforderungen, mit denen wir uns konfrontiert sehen. Dabei betonte er, dass das gegenseitige Misstrauen unter den Vertretern der verschiedenen Religionen “keine Existenzberechtigung mehr hat” und, wenn „diejenigen nicht untereinander Frieden schließen, die diesen predigen, dieser auch nicht an die anderen weitergegeben werden kann”.
Bei verschiedenen Anlässen hatte auch Papst Franziskus die Gleichstellung zwischen Gewalt und Islam abgelehnt: “Es gefällt mir nicht”, so der Bischof von Rom bei der Pressekonferenz auf dem Rückflug von Polen am vergangenen 31. Mai “Es gefällt mir nicht, von islamischer Gewalt zu sprechen, denn jeden Tag, wenn ich die Zeitungen durchblättere, sehe ich Gewalt, hier in Italien: Der eine bringt seine Verlobte um, ein anderer bringt die Schwiegermutter um… Und das sind gewalttätige getaufte Katholiken! Es sind gewalttätige Katholiken… Wenn ich von islamischer Gewalt spräche, müsste ich auch von katholischer Gewalt sprechen. Nicht alle Muslime sind gewalttätig; nicht alle Katholiken sind gewalttätig. Es ist wie ein Obstsalat, da ist alles drin, es gibt Gewalttäter in diesen Religionen. Eine Sache ist wahr: Ich glaube, dass es in fast allen Religionen immer eine kleine fundamentalistische Gruppierung gibt. Fundamentalistisch. Bei uns gibt es sie. Und auch wenn der Fundamentalismus so weit geht zu töten – man kann aber mit der Zunge töten, und das sagt der Apostel Jakobus und nicht ich, und auch mit dem Messer – glaube ich, dass es nicht richtig ist, den Islam mit Gewalt gleichzusetzen”.
(GV) (Fides 1/3/2017)


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