ASIEN/TÜRKEI - Sprecher der Türkischen Bischofskonferenz: „Viele Vertreter aus weltlichen und kirchlichen Kreisen, darunter auch Orthodoxe und Muslime bekunden ihr Beileid und ihre Verbundenheit“

Montag, 6 Februar 2006

Istanbul (Fidesdienst) - Pfarrer George Marovitch, Sprecher der Türkischen Bischofskonferenz, berichtet am Telefon gegenüber dem Fidesdienst, vom Schmerz und von der Bestürzung der katholischen Gemeinde in der Türkei nach dem Mord an dem italienischen Missionar Don Andrea Santoro: „Wir sind sehr traurig und bestürzt über den Mord an Don Andre in seiner Kirche in Trebisonda. Die Stadt befindet sich im Apostolischen Vikariat Anatolien, das von Erzbischof Luigi Padovese geleitet wird, der dem Orden der Kapuziner Minderbrüder angehört. Der Vikar nun vor Ort und in ständigem Kontakt mit den örtlichen Behörden und der Polizei. Viele Vertreter aus weltlichen und kirchlichen Kreisen, darunter auch Vertreter andere christlicher Konfessionen und Muslime bekunden uns unterdessen ihr Beileidsbekundungen ihre Verbundenheit und ihr Beileid“.
Pater George betont auch die Sorge der Ortskirche: „Wir warten auf das Ergebnis der Ermittlungen. Es werden dabei verschiedene Spuren verfolgt, was das Tatmotiv anbelangt. Es könnte sich um die Geste eines einzelnen unzurechnungsfähigen Täters gehandelt haben. Es könnte aber eich eine Reaktion im Rahmen der Welle des Hasses und des Fundamentalismus nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karrikaturen in der dänischen Presse sein. Doch es könnte sich auch um Täter aus Kreisen des organisierten Verbrechens handeln: Don Andrea versuchte immer wieder Mädchen zu helfen, die in die Fänge der Prostitution geraten waren. Dies könnte dazu geführt haben, dass kriminelle Banden, die diese Geschäfte organisieren, ihm feindlich gesinnt waren“.
Der Sprecher der Bischofskonferenz fährt fort: „Es ist ein sehr trauriger Tag für die Kirche in der Türkei. Viele weltliche und kirchliche Vertreter haben uns ihre Verbundenheit und ihr Beileid bekundet. Die Politiker des Landes haben den Vorfall verurteilt und den Christen Schutz versprochen. Der Premierminister Erdogan erklärte hinsichtlich der Karikaturen, dass jede gewaltsame Reaktion ungerechtfertigt sei und betonte seine Bestürzung über den Mord an dem katholischen Priester. Verschiedene orthodoxe Religionsvertreter haben ihre Solidarität zum Ausdruck gebracht. Auch muslimische Religionsvertreter haben den Vorfall verurteilt und dabei betont, dass der Islam besagt, dass man, wenn man einen einzelnen Menschen ermordet die ganze Menschheit ermordet“.
Pfarrer George erinnert sich auch persönlich an Don Andrea: „Er kam immer wieder nach Istanbul und besuchte uns bei der Bischofskonferenz, wo er sich zum Gebet in der Kapelle, in der Auch der damalige Erzbischof Angelo Roncalli sich zum Gebet versammelte, als er vor seiner Wahl zum Papst als Vatikanvertreter in der Türkei tätig war. Er lebte in seiner kleinen Mission in Trebisonda und bemühte sich dort um Dialog und Frieden. Er war dort sehr beliebt für all das Gute, was er den Menschen dort tat. In der Mission leben rund ein Dutzend Katholiken, doch die Kirche wird auch von orthodoxen Gläubigen und sogar von Muslimen besucht. Don Andrea war sehr gastfreundlich und viele wandten sich mit der Bitte um Hilfe jeder Art an ihn, der er immer und ohne Vorbehalte nachkam“.
Zur Situation der Christen in der Türkei erklärt der Sprecher der Bischofskonferenz: „Gegenwärtig leben wir in einem Klima der Ungewissheit und es herrschte eine gewisse Spannung. Doch wir haben keine Angst, denn die Kirche unterhält ausgezeichnete Beziehungen sowohl zu den weltlichen Behörden, als auch zu den muslimischen Religionsführern. Die Beisetzung von Don Andrea wird in Rom stattfinden. In der Türkei werden wir in den kommenden Tagen eine Gedenkfeier veranstalten. Alle Religionsführer haben bereits ihre Anwesenheit zugesagt.“
„Ich glaube nicht“, so Pfarrer George abschließend, „dass der Mord an Don Andrea politische Auswirkungen oder andere Folgen haben wird: Die Regierung tut alles dafür, dass die Situation nicht eskaliert. Und wir glauben auch dass der Herr für die kleine katholische Gemeinde in der Türkei auch aus dem Bösen Gutes entstehen lassen kann.“ (PA) (Fidesdienst, 06/02/2006 - 50 Zeilen, 610 Worte)


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