EUROPA/DEUTSCHLAND - EUROPÄISCHE IDENTITÄT UND WERTE BEIM WELTFRIEDENSTREFFEN „MENSCHEN UND RELIGIONEN“ DER GEMEINSCHAFT SANT’EGIDIO: „EUROPA ALS HAUPTAKTEURIN EINER AKTIVEN POLITIK FÜR DEN FRIEDEN AUF DER GANZEN WELT“

Dienstag, 9 September 2003

Aachen (Fidesdienst) – Im Vorfeld der Verabschiedung der Verfassung der Europäischen Union, muss der alte Kontinent eine zentrale Rolle auf dem internationalen geopolitischen Schachfeld spielen. Dieses Thema war Gegenstand zahlreicher Beiträge die beim internationalen Friedenstreffenstreffens der Gemeinschaft Sant’Egidio in Aachen am 8. September auf dem Programm standen.
„Viele fragen sich, welches Gesicht wird Europa haben, denn es wird heute nicht mehr von einzelnen Nationen gesprochen“, so der Oberrabbiner der jüdischen Gemeinde in Mailand, Giuseppe Laras. „Die europäische Identität muss offen sein und die besten Seiten, das heißt die universalen Seiten, der einzelnen Kulturen erkennen.“ Deshalb ist es Aufgebe der Religionen „die egoistische und eigennützige Komponente zu beseitigen und für einen Lebenssinn anzubieten, der über das Leben hinausgeht.“
Was ist Europa? Eine rein geographische Definition wäre für Länder wie Russland oder die Türkei problematisch. Wie der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Konrad Raiser in seinem Beitrag betonte, „kann nach 1989 keine der vorherigen europäischen Identitäten wieder hergestellt werden. Europa ist heute vielmehr ein Projekt als eine Wirklichkeit, und dieses Projekt schließt den Krieg als Option für die Lösung von Konflikten zwischen den Staaten aus. Eine aktive Friedenspolitik gehört zu den Grundwerten der europäischen Gesellschaften“.
Nach Ansicht des Erzbischofs von Köln, Kardinal Joachim Meisner sind „humanitäre Werte die typischen Werte des Christentums“, doch wo eine christlichen Vision der Welt fehlt, werden diese Werte zerbrechlich. Kardinal Meisner betonte außerdem, dass die Kirche sie selbst bleiben sollte und sich nicht als Mittel für eine Moralisierung der Gesellschaft hergeben oder sich selbst durch ihre sozialen Einrichtungen rechtfertigen sollte. Der Primas von Unganr, Erzbischof Erdö von Estzergom widmete sein Interesse insbesondere der kulturellen Definition Europas, die auch durch die politische Spaltung zwischen Ost und West zur Zeit des Kalten Krieges nicht in Frage gestellt wurde. „Ungarn, Tschechen, Slowaken haben sich unter kulturellen Gesichtspunkte stets als Europäer verstanden“. Religiöser Pluralismus ist nach Ansicht von Erzbischof Erdö eine von der Kirche anerkannte Realität, die „nicht den Verlust von Werten oder Subjektivismus bedeutet, sondern Ausdruck von Meinungsfreiheit ist“.
Die Gründerväter der Europäischen Union wünschten sich Europa als ein Gebiet des Friedens und „ein politisches Instrument im Dienst des Weltfriedens“, so der Präsident der Fédération Protestante de France, Jean Arnold de Clermont. „Der Krieg im Irak hat dieses europäische Bestreben unter Beweis gestellt. Die Öffentlichkeit in fast allen europäischen Ländern wünschte sich Verhandlungen für eine friedliche Lösung unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen“. Damit Europa diese Rolle übernehmen kann muss es sich auch für die Gerechtigkeit auf der südlichen Halbkugel einsetzen.
Elisabeth Raiser, Präsidentin des Ökumenischen Kirchentages 2003, fragte sich: „Welchen Beitrag können die Christen zum Entstehen des Weltfriedens und dessen Erhalt leisten?“. „Wir müssen die heute in der Welt vorherrschende Kultur der Gewalt überwinden. Ich möchte an ein Treffen russischer Frauen erinnern, die ich um Vergebung bat für die schrecklichen Dinge, die mein Volk gegen sie während des Krieges begangen hatte“. Die Aufgabe der Christen ist es sich für die Versöhnung der Erinnerung jener zu Engagieren, die Gewalt erfahren mussten. „Wir müssen dem Vorbild Christi folgen, der sein Leben für die Überwindung der Gewalt hingegeben hat“. Unter den von Christen vollbrachten Werken des Friedens erinnerte Jean Dominique Druand von der Universität Lyon an die Rolle der Gemeinschaft von Sant’Egidio beim Engagement für den Frieden: „Das Gebet, die Geduld und die Bewusstseinsbildung sind Grundlage der Friedensarbeit“. (SL) (Fidesdienst, 9/9/2003 – 53 Zeilen, 573 Worte)


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