AFRIKA/GUINEA BISSAU - Bei Unruhen nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse zum ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl gab es Tote und Verletzte. „Die Polizei geht noch immer mit den alten Methoden der stalinistischen Kultur vor und ist nicht dafür ausgerüstet Demonstranten ohne tödliche Gewalt unter Kontrolle zu halten“

Montag, 27 Juni 2005

Bissau (Fidesdienst) - „Diese Verhalten ist schizophren“, so ein einheimischer Beobachter aus Bissau, der Hauptstadt von Guinea Bissau zum Verhalten der Partei für Soziale Erneuerung (PRS), der Partei des ehemaligen Präsidenten Kumba Yala, der bei den Präsidentschaftswahlen vom 19. Juni an dritter Stelle steht und damit vom zweiten Wahlgang ausgeschlossen sein wird, der in drei Wochen stattfinden soll. An der Stichwahl werden die beiden Kandidaten teilnehmen, die beim ersten Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten: Malam Bacai Sanha und Joao Bernardo Vieira. (vgl. Fidesdienst vom 23. Juni 2005).
„Die Vertreter der Partei von Kumba Yala in der Unabhängigen Wahlkommission haben nicht protestiert, als der Sieg von Malam Bacai Sanha und Joao Bernardo Vieira bekannt gegeben wurde“, so der Beobachter gegenüber dem Fidesdienst. „Kurz danach gingen die Anhänger der Partei jedoch auf die Straße und proklamierten Kumba Yala zum Wahlsieger“. Kumba Yala selbst erklärte, er habe den ersten Wahlgang mit 38% der Stimmen gewonnen.
In Bissau kam es unterdessen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen mindestens vier Menschen starben. „Ich habe die Auseinandersetzungen mit eigenen Augen gesehen. In Wirklichkeit waren es nur rund hundert Demonstranten. Leider standen jedoch nur wenige Polizeibeamte zur Kontrolle der Situation bereit, die nur über Schusswaffen verfügten. Die Polizeibeamte schossen auf die Demonstranten und trafen dabei tödlich.“, so der Beobachter.
„Das Problem besteht vor allem darin, dass sich immer noch Polizeibeamte im Dienst befinden, die unter dem kommunistischen Regime in der Tschechoslowakei ausgebildet wurden. Deshalb sind sie nicht entsprechend auf die Kontrolle von Oppositionskundgebungen vorbereitet. Sie sind reagieren auf die sowjetische Art, nach der jeder, der protestiert als Feind zu betrachten ist, der getötet werden muss“, so der Beobachter. „Deshalb müssen die westlichen Länder, die das Land unterstützen auch dafür sorgen, dass einheimische Sicherheitsbeamte nach modernen Kriterien ausgebildet werden, die eines demokratischen Staates würdig sind. Außerdem sollten die notwendigen Mittel für eine rasche Stimmauszählung bereitgestellt werden. Denn wenn das amtliche Ergebnis erst nach zehn Tagen bekannt gegeben wird, dann entstehen Gerüchte über möglichen Wahlbetrug, die zu Spannungen unter der Bevölkerung führen, auch wenn es sich wahrscheinlich nur um ein Problem der Unzulänglichkeit der für die Stimmauszählung zur Verfügung stehenden Geräte handelt.“
„Die jüngsten Ereignisse zeigen ein weiteres Mal, dass immer noch eine Spaltung zwischen den verschiedenen Volksstämmen besteht“, so der Beobachter. „Ich habe mich mit Angehörigen des Balante-Volkes unterhalten, dem auch Kumba Yala angehört, und es wurde mir gesagt, dass man nachdem dieser nun vom zweiten Wahlgang ausgeschlossen sei, nicht wisse, wem man seine Stimme geben soll. Leider gibt es immer noch kein richtiges Bewusstsein von der Zugehörigkeit zu einer Nation und einer Republik“. (LM) (Fidesdienst, 27/06/2005 - 40 Zeilen, 469 Worte)


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