AFRIKA/GUINEA BISSAU - „Im Vergleich zu der Zeit vor 30 Jahren ist heute der regionale und ethnische Faktor noch stärker spürbar“, so ein einheimischer Beobachter zum ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl

Montag, 20 Juni 2005

Bissau (Fidesdienst) - „Die Wahlen fanden in einem entspannten Klima statt und dies ist bestimmt ein positiver Faktor, doch die eigentliche Frage besteht darin, ob die Wähler bei der Stimmabgabe die traditionellen ethnischen Spannungen überwunden haben und ihre Stimme nicht auf der Grundlage der Stammeszugehörigkeit sondern nach anderen Kriterien abgegeben haben“, so ein einheimischer Beobachter in einem Kommentar zum ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl, der am 19. Juni in Guinea Bissau stattfand (vgl. Fidesdienst vom 18. Juni 2005).
Im Vorfeld der Wahl kam es zu keinen besonderen Vorfällen, „abgesehen von einem Journalisten, der sich nach einem heftigen Wortwechsel mit den Leibwächtern eines der Kandidaten, der ehemalige Präsident Kumba Yala, prügelte. Doch bei diesen Handgreiflichkeiten handelte es sich um eine isolierte Episode“, so der Beobachter.
Dreizehn Kandidaten, darunter auch der ehemalige Präsident Kumba Yala, der bei einem gewaltlosen Putsch 2003 gestürzt wurde und dabei von dem Übergangspräsident Henrique Rosa in diesem Amt folgte, der sich noch als legitimes Staatsoberhaupt betrachtet, und Joao Bernardo Vieira, der das Amt des Staatspräsidenten insgesamt 19 Jahre lang innehatte. Doch die Wahlbeobachter gibt es einen weiteren Favoriten: nämlich Malam Bacai Sanha, Vorsitzender der Afrikanischen Partei für die Unabhängigkeit Guineas und Kap Verdes (PAIGC), die derzeit die Regierung stellt. Sowohl Yala als auch Vieira wurden durch einen Staatsstreich ihres Amtes enthoben und wurden erst nach jahrelanger Zensur wieder zu den jüngsten Wahlen zugelassen.
„Die Wahlen waren zweifelsohne ein grundlegender Schritt für die Demokratie im Land“, so der Beobachter im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Das Problem besteht jedoch vor allem darin, dass im Vergleich zu der Zeit vor 30 Jahren der regionale und ethnische Faktor noch stärker spürbar ist: viele geben ihre Stimme auf der Grundlage der Stammeszugehörigkeit ab. Dies ist vor allem durch die Schwäche des Staates bestimmt. Die Menschen fühlen sich von den Institutionen nicht vertreten und suchen Zuflucht in der Stammeszugehörigkeit, die sie als einzigen Schutz empfinden“.
„Aus diesem Grund“, so der Beobachter weiter, „entstehen im allgemeinen Minderheitsregierungen, die nur 30-35% der Stimmen auf sich vereinigen. Damit eine solche Regierung auch regierungsfähig ist, muss sie mit den Abgeordneten der Opposition verhandeln, wobei oft zweifelhafte Methoden angewandt werden“. (LM) (Fidesdienst, 20/06/2005 - 33 Zeilen, 337 Worte)


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