ASIEN/USBEKISTAN - Sieben Antworten auf ein und dieselbe Frage: Was ist in Usbekistan wirklich geschehen?

Donnerstag, 19 Mai 2005

Taschkent (Fidesdienst) - Noch vor die internationale Untersuchungskommission, die von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union mit Ermittlungen beauftragt wurde, Licht in die Vorfälle bringen kann, zu denen es am 13. Mai in der ostusbekischen Stadt Andidschan kann, soll nachstehend versucht werden, anhand von sieben Punkte ein Bild von der Situation zu vermitteln. Hinter den Unruhen verbirgt sich vor allem die rasche Verarmung unter der weite Teile der Bevölkerung eines Landes leiden, das zahlreiche Erdöl- und Gasvorkommen besitzt und weltweit zu den wichtigsten Baumwollexportländern zählt.

1. Offizielle Angaben
Nach Angaben von Regierungsvertretern waren zahlreiche bewaffnete Personen in ein Gebäude der Armee eingedrungen, wo 260 Feuerwaffen entwendet worden sein solle. Eine bewaffnete Menschenmasse habe sodann ein Gefängnis gestürmt und 750 Häftlinge befreit. Danach hätten die Terroristen etwa 10 Polizeibeamte und mehrere Zivilisten in Geiselhaft genommen. Später besetzten die Demonstranten das örtliche Verwaltungsgebäude und Büros der Armee. Die Behörden, einschließlich Staatspräsident Islam Karimow, führten Verhandlungen mit den Verbrechern, die jedoch scheiterten. Deshalb sei die Niederschlagung des Aufstands die einzig mögliche Lösung gewesen. Die Maßnahme wurde am Morgen des 13. Mai ergriffen. Nach Aussage der Behörden wurden 10 Polizeibeamte getötet. Die meisten Terroristen wurden getötet, andere festgenommen, wieder andere konnten fliehen.

2. Augenzeugenberichte
Die Einwohner von Andidschan nahmen die Gewalt der Polizeibeamten mit Schrecken zur Kenntnis. Augenzeugen berichten, dass die Polizei und die Armee das Feuer auf wehrlose Zivilisten eröffneten, darunter Frauen und Kinder. „Mit dieser Methode versuchte die Regierung die Situation zu beruhigen“, so die Augenzeugen. Nach Angaben von Augenzeugen wurden über 500 Menschen getötet und tausende verletzt. Polizeibeamten erhielten den Befehl die Demonstranten zu töten. Zahlreiche unschuldige Zivilisten flohen aus Angst vor der Gewalt den Hauptplatz der Stadt.

3. Gründe
Nach offiziellen Angaben wurden die Demonstrationen von muslimischen Extremisten zum Sturz der Regierung organisiert. Nach Angeben von Einheimischen verbergen sich hinter diesen Zwischenfällen Verarmung, Korruption und Verfall des Wirtschaftsystems. „Wir versuchten nur, die Regierung auf unsere Situation aufmerksam zu machen“, so die Menschen vor Ort. Die Menschen wehren sich: „Wir sind keine Terroristen, sondern Menschen, die der Armut und der Tyrannei der Behörden müde sind“. Man habe nur Häftlinge befreit, die aus politischen Gründen im Gefängnis waren, und „oppositioneller Umtriebe“ angeklagt werden sollten.

4. Medienberichte
In den usbekischen Medien wurde nur kurz über die Ereignisse informiert. Es ist kein Geheimnis, dass alle wichtigen meiden des Landes einer strengen Regierungskontrolle unterliegen, die über Inhalte und Form der Veröffentlichung entscheidet. Der Korrespondent der Nachrichtenagentur Reuters wurde während der Unruhen in Andidschan festgenommen. Die Beamten wollten eine Berichterstattung verhindern, die den Angaben der Regierung widersprach. Zahlreiche Websites wurden gesperrt, um die Verbreitung unbequemer Informationen zu verhindern. Im Rahmen der „Politik des Schweigens“ wurden auch die Sendungen der russische Fernsehsender unterbrochen, di deren Programme in Usbekistan empfangen werden können.

5. Flüchtlinge
Tausende Usbeken versuchten infolge der Massaker der Armee in das Nachbarland Kirgisistan zu fliehen. Rund 5.000 bis 10.000 Usbeken halten sich an der Grenze auf. Rund 500 Flüchtlinge konnten das Land bereits verlassen und wurden in Kirgisistan bereits medizinisch versorgt. Die Flüchtlinge, die oft nicht einmal Schuhe an den Füßen tragen, fürchten sich aus Angst vor Rachemaßnahmen, vor einer Rückkehr.

6. Andidschan
Andidschan ist derzeit eine geschlossene Stadt. Die Polizei verfolgt weiterhin angebliche Terroristen. Flüge nach Andidschan wurden gestrichen. Ausländischen Journalisten ist der Zugang zur Stadt untersagt.

7. Reaktion der Einwohner
Die Ansichten der Einwohner von Taschkent stimmen nicht mit der offiziellen Version überein. Die Menschen sind davon überzeugt, dass es keine religiösen Gründe für die Vorfälle gibt, und dass die Demonstranten die Regierung nur auf die Situation der Armut aufmerksam machen wollten. „Für den Beschuss von unschuldigen Zivilisten gibt es keine Rechtfertigung. Wir haben Zeugen dafür, welche Methoden die Regierung zur Bewältigung der Situation anwandte“, so Augenzeugen. (Fidesdienst, 19/05/2005 - 67 Zeilen, 627 Worte)


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