ASIEN/IRAK - Erzbischof von Kirkuk hält christliche Enklave in der Ninive-Ebene für unrealistisch

Donnerstag, 27 November 2014

Kirkuk (Fides) – Eine autonome christliche Enklave in der derzeit von Islamisten des Islamischen Kalifats kontrollierten Niniveebene hält der chaldäische Erzbischof von Kirkuk Yousif Thoma Mirkis OP, für “unrealistische und wenig intelligent”, da sie eine Spaltung des Landes auf sektiererischer Basis begünstigt “und damit dem Wohl und der Zukunft der Christen im Irak nur schaden kann”.
Am vergangenen 9. Juni nahmen die Dschihadisten des Islamischen Staates (IS) die Stadt Mossul ein und dehnten seither ihre Kontrolle auf die meisten christlichen Dörfer in der Ninive-Ebene aus, wodurch Zehntausende Christen sich zur Flucht gezwungen sahen. Militärische Luftangriffe, die von einem Bündnis unter Leitung der Vereinigten Staaten unterstützt werden, sollen zur Befreiung von Mossul und der gesamten von den sunnitischen Islamisten kontrollierten Region führen.
In den vergangenen Tagen wurde die Bevölkerung mit Flugblättern aufgefordert sich gegen das Kalifat zu wehren: eine bevorstehende Offensive werde zur baldigen Befreiung der Region führen. Vor diesem Hintergrund bezeichnen Politiker aus christlichen Kreisen die Schaffung einer autonomen christlichen Provinz in der Ninive-Ebene nach der Niederlage der Dschihadisten als mögliche Lösung.
Dies würde nach Ansicht des chaldäischen Erzbischofs von Kirkuk weitere Probleme für die einheimischen christlichen Gemeinden mit sich bringen. “35 Jahre lang”, so Erzbischof Yousif Thoma zum Fidesdienst, “wurden politische Debatten und Pläne im Irak unter dem Baath-Regime zunichte gemacht. Nach dem Zusammenbruch des Regimes und der Ankunft der US-amerikanischen Truppen hat eine unruhige Zeit begonnen, in der politische Pläne gemacht wurden, die nicht auf einer tiefgehenden Reflexion gründen”.
In diesem Kontext, so der chaldäische Erzbischof weiter, “stellt sich jeder, der von einer autonomen Region für Christen spricht auf die Seite derer, die den Irak auf sektiererischer Basis aufteilen wollen, so wie dies im ehemaligen Jugoslawien geschah. Das ist sehr gefährlich, vor allem für kleine Gruppen, die in der Minderheit leben und dazu gehören auch die christlichen Gemeinden”.
Die Offensive der sunnitischen Dschihadisten im Norden des Irak bestätigt nach Ansicht von Erzbischof Yousif Thoma, dass es “dort wo Kontrollansprüche über eine Region auf sektiererischer Ebene entstehen, für niemanden Rettung gibt, am allerwenigsten für Christen”. Als einzige realistische Perspektive für den Erhalt der einheimischen christlichen Gemeinden im Irak, betrachtet der chaldäische Erzbischof, die Förderung eines politischen Bewusstseins unter sunnitischen und schiitischen Gruppen. „Andernfalls”, so der Erzbischof abschließend, “wird es auf fatale Weise zu einer Spaltung kommen. Jeder wird seinen eigenen Teil des Kuchens für sich in Anspruch nehmen und es werden kleine Staaten entstehen, die sich stets im Streit mit den eigenen Nachbarn befinden. Und dies trägt nicht zu unserem Wohl bei, im Gegenteil es ist gegen unsere Zukunft”. (GV) (Fides 27/11/2014).


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