ASIA/IRAK - Irakische Priester zum Vormarsch der Aufständischen: Nicht alle Rebellen sind “Terroristen”

Freitag, 13 Juni 2014

Mossul (Fides) – Die Situation in Mossul sei “dem Anschein nach ruhig”. Die Menschen hätten die Stadt unterdessen verlassen, weil sie fürchteten, dass es bei den Gefechten zwischen der Armee und den Aufständischen auch zivile Opfer hätte geben könnten. Der schnelle Vormarsch der Aufständischen sei aber nicht nur durch die Unterstützung der Dschihadisten des “Isalmischen Staat im Irak und Levante (ISIL)” zu erklären, sondern auch dadurch, dass diese von weiten Teilen der sunnitischen Bevölkerung unterstützt werden, die die Regierung in Bagdad ablehnen. In seiner Einschätzung der Lage analysiert der chaldäische Priester Paul Thabit Mekko – der ebenfalls aus Mossul in die nahe gelegene Ninive-Ebene floh, die dramatische Entwicklung im Detail. Die Lage, so der katholische Geistliche, sei viel komplexer als sie von der internationalen Presse dargestellt werde.
Wie der Irakische Priester betont, kam es nach der Flucht der Armee und der Polizei aus Mossul zu keinen weiteren Übergriffen und Gefechten. Es werde auch für die Bereitstellung von Dienstleistungen und die Verteilung von Treibstoff gesorgt. Erste Familien, die in die Ninive-Ebene geflohen waren, kehrten in die Stadt zurück, zumindest um den Zustand der eigenen Häuser und Wohnungen zu überprüfen.
“Aus ihren Berichten”, so Pfarrer Thabit, “geht hervor, dass die bewaffnetten Gruppen, die seit Montag Mossul kontrollieren, größtenteils aus irakischen Kämpfern bestehen, die aus Mossul oder den umliegenden Dörfern stammen. Man kann sie also nicht alle als ‚Terroristen’ aus dem Ausland bezeichnen. Bei öffentlichen Versammlungen bekräftigen sie, dass sie die Ordnung garantieren und die Bevölkerung beschützen wolle und gegen die Ungerechtigkeit der Regierung in Bagdad kämpfe. In ihren Reden betonten sie vor allem die Ablehnung der Regierung al-Maliki. Es soll bereits ein neuer Gouverneur gewählt worden sein”.
Ein wichtige Rolle spielen derzeit auch die kurdischen Peschmerga-Milizen: “Gegenwärtig werden wir hier in der Gegend von kurdischen Soldaten aus Erbil ‚beschützt’”, bestätigt der Priester. Peschmerga kontrollieren Checkpoints entlang der Straße von Mossul nach Erbil und bewachen die Stadt Kirkuk, in der viele Kurden leben. “Bisher”, so der chaldäische Geistliche, “gab es keine Gefechte zwischen Kurden und Sunniten. Letztere sind auf dem Vormarsch in den Süden und wollen Bagdad erobern und es entsteht der Eindruck, dass sie nicht den Konflikt mit den Kurden im Norden suchen“. Seit gestern wurden erstmals seit dem Sturz des Regimes unter Saddam Hussein, auf den öffentlichen Gebäuden und dem Polizeipräsidium in Alqosh kurdische Fahnen gehisst. “Es bereitet uns Sorge”, so Pfarrer Thabit abschließend, “wenn wir im Fernsehen hören, dass die ganze Bevölkerung zu den Waffen greifen und gegen die Terroristen kämpfen soll. Angesichts der derzeitigen Lage, würde jede falsche Entscheidung zu einem Blutbad führen”. (GV) (Agenzia Fides 13/6/2014).


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