AFRIKA/LIBYEN - Pfarrer Mussie Zerai Yosief: “Europa treibt Auswanderer in die Hände von Schleppern”

Donnerstag, 15 Mai 2014

Tripolis (Fides) - “Es gibt zwei Faktoren, die zu einer Zunahme der Personen führen, die auf Schlepperbooten das Mittelmeer überqueren”, so Pfarrer Mussie Zerai Yosief, Präsident der Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung „Habeshia“. “An erster Stelle gehen die Behörden im Sudan massiv gegen illegale Einwanderer in Khartum und anderen Städten vor, bei denen es sich insbesondere um Zuwanderer aus Äthiopien und Eritrea handelt. Diese werden ihre Herkunftsländer zurückgeführt, wo sie wiederum verfolgt werden. Die Unsicherheit, in der sie Leben drängt sie also nach Europa”.
“Jeden Tag”, so Pfarrer Zerai “werden aus sudanesischen Flüchtlingscamps Menschen Entführt und auf dem Sinai verkauft. Andere werden an der Grenze zwischen Sudan, Libyen und Ägypten entführt, ein verfluchtes Dreieck, wo die Entführten in Containern festgehalten werden. Die Entführer kontaktieren zunächst die Angehörigen der Geiseln und fordern Lösegeld. Können die Familien nicht zahlen, dann werden sie an Schlepperbanden verkauft, die sie nach Ägypten bringen, wo sie in der Landwirtschaft und auf dem Bau eingesetzt werden. Andere werden gezwungen, an Waffen- und Drogengeschäften teilzunehmen, wieder andere werden Opfer des Handels mit Organen”.
“Dasselbe geschieht in Libyen”, so Pfarrer Zerai weiter, “wo die Migranten ständig erpresst, ausgeraubt oder inhaftiert werden und für eine Freilassung 700-1000 Dollar zahlen müssen”.
“Es gibt keine Kontrollen an der libyschen Grenze. Die Kontrolle an der Grenze existiert zwar, doch sie hat sich in ein Business verwandelt und dies schon zu Zeiten Ghaddafi... Heute werden die Geschäfte von hunderten illegalen Milizen kontrolliert”.
“Die Grenze im Süden von Libyen ist bewacht, damit Zuwanderer aus dem Tschad, Niger, dem Sudan und die Milizen kontrolliert werden können, die jedoch wiederum Geschäfte mit den Schleppern machen. Für die Einreise nach Libyen muss man 700-1000 Dollar zahlen, und einen weiteren Betrag, für das Überqueren des Mittelmeers. Vor sie sich auf den Weg machen, haben die Migranten bereits das notwendige Geld angespart”, erklärt der Geistliche.
“Die Verantwortung für diese Tragödie trägt zum Teil auch Europa”, so Pfarrer Zerai weiter, “denn die Botschaften der europäischen Staaten erteilen keine Visa mehr. Zum Beispiel gilt dies für die italienischen Botschaften in Äthiopien, im Sudan, in Kenia und in Uganda, wo Visa für Tausende Frauen und Kinder, die zu ihren Angehörigen nach Italien ausreisen wollen, trotz eines „Nullaosta“ des Innenministeriums, blockiert sind. Die Verzweiflung drängt diese Menschen auf den Weg über Libyen, von wo aus sie illegal nach Italien einwandern. Indem der rechtliche Zugang versperrt wird, geraten dies Menschen in die Hände der Menschenhändler“, so der Geistliche abschließend. (L.M.) (Fides 15/5/2015)


Teilen: