AFRIKA/BURUNDI - „Derzeit herrscht ein Klima des Misstrauens, doch es ist noch nicht alles verloren“. Kommentar zum erneuten Aufschub der Volksbefragung zur Verfassungsänderung

Donnerstag, 16 Dezember 2004

Bujumbura (Fidesdienst) - „Derzeit herrscht ein Klima des Misstrauens, was die Fortsetzung des Übergangsprozesses anbelangt, und das ist nicht ungefährlich, doch es ist vor allem wichtig, das die verschiedenen Parteien auf politischer Ebene miteinander weiterverhandeln und nicht zu den Waffen greifen“, so ein Beobachter aus Kreisen der Ortskirche in Bujumbura zur wiederholten Verschiebung der Volksbefragung zur Verfassungsänderung (vgl. Fidesdienst vom 15. Dezember 2004). Die Volksbefragung musste nach offiziellen Angaben verschoben werden, weil die Frist für die Vorlage der Wahllisten abgelaufen war. Dies sollten mindestens zwei Wochen vor der Durchführung der Volksbefragung vorliegen, die für den 22. Dezember vorgesehen war.
„Abgesehen von diesem technischen Problem besteht auch der Wunsch seitens einiger politischer Parteien weitere Änderungen am Text der Verfassung anzubringen“, so der Beobachter. „Es wird zum Beispiel darüber diskutiert, ob der gegenwärtige Präsident Domitien Ndayizeye bei den kommenden Wahlen wieder kandidieren darf, was der gegenwärtige Text nicht vorsieht“. Diese Möglichkeit wird vor allem von der ehemaligen Rebellengruppe FDD abgelehnt, deren Vertreter seit der Unterzeichnung der Friedensverträge zur Regierung der nationalen Einheit gehören. Die Verantwortlichen der FDD lehnen eine weitere Änderung der Verfassung vor der Volksbefragung ausdrücklich ab.
„Die Möglichkeit, dass Staatspräsident Ndayizeye bei den nächsten Wahlen wieder kandidieren kann, wird auch von den Mitgliedern seiner eigenen Partei nicht befürwortet, da er beim Volk sehr beliebt ist und damit gegen den offiziell von der eigenen Partei aufgestellten Präsidentschaftskandidaten gewinnen könnte“, so der Beobachter weiter. „Ndayiezeye ist selbst Hutu, doch er ist auch bei der Tutsi-Minderheit beliebt“.
Zu den Zukunftsperspektiven sagt der Beobachter: „Das Land befindet sich in einer schwierigen Lage, doch es ist nicht alles verloren. Alle politischen Parteien bekräftigen, dass das Referendum stattfinden wird. Es wurde noch kein Datum bekannt gegeben, weil die politischen Parteien zuerst prüfen wollen, ob die Voraussetzungen für die Volksbefragung bestehen. Danach soll das Datum bekannt gegeben werden. Das Referendum sollte jedoch spätestens im Januar stattfinden, damit die Wahltermine eingehalten werden, die mit Lokalwahlen im Februar beginnen und mit den Präsidentschaftswahlen im April enden. Nach Ansicht der Wahlbeobachter der Vereinten Nationen in Burundi, die auch an der Organisation der Wahlen beteiligt sind, könnten nach einer Durchführung des Referendums dieselben logistischen Einrichtungen auch für die Durchführung der Wahl genutzt werden.
In Burundi herrscht seit 1993 ein Bürgerkrieg, in dem sich die Regierungsstreitkräfte, der vorwiegend Soldaten aus dem Volk der Tutsi angehören und verschiedene Rebellen-Bewegungen de Hutu-Volkes gegenüberstehen. Bei diesem Krieg starben bisher mindestens 300 Menschen. Im Jahr 2000 waren in Arusha (Tansania) Vereinbarungen unterzeichnet worden in deren Rahmen man sich auf die Bildung einer Übergangsregierung verständigt hatte, an der die meisten politischen Parteien in Burundi beteiligt sind. Während der ersten 18 Monate wird die Regierung von einem Tutsi geleitet, dem ein Vizepremier aus dem Volk der Hutu zur Seite steht; in den darauf folgenden 18 Monaten wird die Regierung von einem Präsidenten aus dem Hutu-Volk geführt, dem ein Stellvertreter aus dem Volk der Tutsi zur Seite steht. Seit der Unterzeichnung eines Friedensabkommens seitens der Rebellen der FDD im Jahr 2003 in Dar es Salaam herrschen im Land reelle Friedensperspektiven. (LM) (Fidesdienst, 16/12/2004 - 45 Zeilen, 521 Worte)


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