ASIEN/TÜRKEI - Bischof Pelatre zu den jüngsten Ausschreitungen. „Es sollte nach Kompromissen gesucht werden“

Montag, 3 Juni 2013

Istanbul (Fidesdienst) – Die jüngsten Ausschreitungen in der Türkei seien ein „Alarmsignal“ und die türkische Regierung sollte dies beachten, wenn sie die während der vergangenen zehn Jahre errichte Stabilität schützen will, die ein Wirtschaftwachstum begünstigten und zu einer Konsolidierung der Rolle des Landes führten. Dies betont der Apostolische Vikar in Istanbul, Bischof Louis Pelatre gegenüber dem Fidesdienst. Der Bischof betont: „In der Politik ist es immer weise, wenn man nach Kompromissen sucht, damit die Interessen der verschiedenen Sektoren der Gesellschaft miteinander vereinbart werden können“.
Bischof Pelatre weist darauf hin, dass christliche Gemeinden in der Türkei sich nicht direkt an den politischen Konflikten beteiligen, die sich hinter den Protesten gegen den Bau eines Einkaufszentrums in Istanbul verbergen. Nach Ansicht des Apostolischen Vikars gibt es trotz der Proteste, an denen vorwiegend Studenten teilnehmen, „derzeit keine politische Alternative zur Regierungspartei, die weiterhin stark bleibt und von der Mehrheit der Bürger unterstützt wird“, während die Armee – die in der Vergangenheit einen entscheidenden Beitrag zur Definition der türkischen Politik leistete – sich diesmal enthält.
Nach Ansicht der Demonstranten nutzt die Regierung die weit verbreitete Zustimmung aus, um einen autoritären Islamisierungsplan durchzusetzen. In diesem Sinn, so der Bischof, „könnten die Proteste dazu führen, dass die Regierung ihre Strategien neu überdenkt. Erdogan gewährte bisher islamistischen Gruppen einen großen Spielraum, doch auch in seiner eigenen Partei gibt es andere Kräfte und ein anderes Empfinden. Die Basis der Zustimmung sind vor allem islamistische Kräfte, doch er braucht die Unterstützung aller, damit er regieren kann. Auch Präsident Abdullah Gul, der zur selben Partei gehört, äußert sich oft zu dieser Problematik. Es bleibt zu hoffen, dass die Ereignisse dieser Tage bei allen einen Geist der Mäßigung hervorrufen und nicht autoritäre Tendenzen begünstigen“. Der Bischof ist jedoch davon überzeugt, dass die Türkei sich nicht von den Konflikten im Nahen Osten anstecken lässt, zu denen es im Zusammenhang mit dem so genannten arabischen Frühling kam: „Vergleiche zwischen den Unruhen der vergangenen Tage in der Türke und den verheerenden Konflikten im Nahen Osten scheinen mir unangebracht. Der Kontext und die Hintergründe sind hier sehr unterschiedlich“, so der Apostolische Vikar von Istanbul abschließend. (GV) (Fidesdienst, 03/06/2013)


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