EUROPA/ITALIEN - Beisetzungsriten in der islamischen Welt. Der Rektor des Päpstlichen Institutes für Arabische Studien und Islamkunde (PISAI), Pater Justo Lacunza, im Gespräch mit dem Fidesdienst

Mittwoch, 10 November 2004

Rom (Fidesdienst) - „In der islamischen Welt gibt es keine einheitliches Beisetzungsritual, das für alle Länder gilt, doch überall werden gewisse allgemeine Regeln respektiert“, so Pater Justo Lacunza, Rektor des Päpstlichen Institutes für Arabische Studien und Islamkunde (PISAI), im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Der Tod ist für die islamische Theologie ein Zeichen der Beendigung des irdischen Lebens und damit des Übergangs in das Paradies, das für alle Muslime bestimmt ist. Das Begräbnis soll also auch die Auferstehung des Leibes zum Ausdruck bringen. Aus diesem Grund wird der Verstorbene gewaschen, und in ein Tuch ohne Nähte eingewickelt, dass an das Gewand erinnert, dass muslimische Gläubige bei der Pilgerreise nach Mekka tragen“, so Pater Lacunza. „Der Beisetzung geht im Allgemeinen die Lesung der ersten Sure des Koran voraus“.
„Die Norm, die festlegt, dass der Verstorbene innerhalb möglichst kurzer Zeit beigesetzt wird, ist ziemlich neu und wird nicht in allen islamischen Ländern respektiert. Es handelt sich dabei um eine Regel, die von den Wahabiten in Saudi-Arabien eingeführt wurde, um zu verhindern, dass ein zu ausgeprägter Kontakt der Verstorbenen zu einer „Heiligung“ durch Freunde und Verwandte führt. Die wahabitische Schule vertritt eine sehr strenges monotheistisches Konzept, das den Heiligenkult ausschließet, da dieser, der Auffassung dieser Schule entsprechend, den Kult beeinträchtigt, der nur dem einen Gott gewidmet sein soll“, so der Rektor des PISAI weiter. „Diese Norm kann jedoch nicht in allen Ländern umgesetzt werden. Wenn es zum Beispiel um Muslime geht, die in Europa leben, gibt es dort Rechtsvorschriften für die Beisetzung, die eine bestimmte zeit in Anspruch nehmen, weshalb es im Allgemeinen nicht möglich ist, den Leichnam innerhalb von 24 Stunden zu beerdigen“, so Pater Lacunza.
„Auch die Bestattungszeremonie ist von Land zu Land unterschiedlich. In einigen Teilen der Welt schütten Angehörige und Freunde des Verstorbenen das Grab mit bloßen Händen zu. Auch dieses Ritual wäre in Europa nur schwer durchführbar“, so Pater Lacunza abschließend. (LM) (Fidesdienst, 10/11/2004 - 27 Zeilen, 335 Worte)


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