AFRIKA/COTE D’IVOIRE - Die Krise in Cote d’Ivoire hat eine lange Geschichte

Mittwoch, 10 November 2004

Abidjan (Fidesdienst) - Die dramatischen Stunden, die Cote d’Ivoire (Elfenbeinküste) derzeit erlebt, sind der Höhepunkt einer Krise, die im September 2002 ausbrach, als die nordwestlichen Landesteile nach einem gescheiterten Putschversuch von drei verschiedenen Guerillabewegungen belagert wurden, die sich später unter dem Namen „Forces Nouvelles“ zusammenschlossen.
Doch die ivorische Krise hat eine lange Geschichte. Das Land mit einem relativ „blühenden“ Handel galt, nicht zuletzt auch aufgrund der Kakaoplantagen (Cote d’Ivoire ist der weltweit der wichtigste Kakaoproduzent), als „Leuchtturm“ der westafrikanischen Wirtschaft. Doch es leidet unter der Last des von Präsident Houphouet Boigny hinterlassenen Erbes, der das Land seit der Unabhängigkeit bis zu seinem Tod 1993 regierte. Dieser hatte den relativen Reichtum des Landes zwar zum Aufbau von Infrastrukturen und zur Schaffung eines Sozialstaates genutzt, doch er hatte während seiner gesamten Regierungszeit jegliche Form der politischen Opposition ausgeschlossen. Houphouet Boigny zögerte dabei auch nicht Gewalt gegen diejenigen anzuwenden, die seine Macht in Frage stellten und so konnte sich in dem westafrikanischen Land das Virus der politischen Gewalt verbreiten, das einige Jahrzehnte später auf dramatische Weise zum Ausbruch kam. Im Jahr 1969 unterdrückten die ivorischen Sicherheitskräfte mit Hilfe der französischen Armee den so genannten Aufstand der Bétés, eines Volksstammes aus dem Westen des Landes der von der Macht ausgeschlossen war, und dem der heutige Präsident Laurent Gbagbo angehört. Letzterer, ein historischer Regimegegner lebte in den 80er Jahren in Frankreich im Exil und wahr 1990 bei der Einführung des Mehrparteiensystems der einzige Herausforderer Houphouet Boignys bei den Präsidentschaftswahlen. Gbagbo machte sich eines der Hauptprobleme des Landes zunutze: eine kleine Minderheit eingewanderter oder aus dem Ausland stammender Einwohner forderte seit Jahren die Staatsbürgerschaft. Gbagbo gelang es das Wahlrecht für diese Minderheit abzuschaffen und gewann damit die Zustimmung der fremdenfeindlich gesinnten Bevölkerungsteile, die im Land immer größer wurden, nachdem es infolge einer wachsenden Auslandsverschuldung, die im Jahr 2002 bei über 16 Milliarden Dollar lag, zu einer zunehmenden Verschlechterung der Lebensbedingungen gekommen war.
Dies hinderte den gegenwärtigen Präsidenten jedoch nicht daran, fünf Jahre später bei den Wahlen im Jahr 1995 Alassane Ouattara zu unterstützen, die aufgrund ihrer Abstammung vom Volk der Bourkinabè zunächst ausgeschlossen worden war. Der Nachfolger von Boigny, Henri Konan Bédié, der die Wahl 1995 gewann, wurde am 25. Dezember 1999 mit einem Staatsstreich unter Leitung von Robert Guei gestürzt. Im Jahr 2000 wurden die von Guei organisierten Wahlen von den meisten politischen Parteien des Landes boykottiert. Guei wurde zum Präsidenten gewählt, doch Gbagbo gelang es tausende von Demonstranten auf die Straßen Abidjans zu locken. Guei sieht sich zur Flucht gezwungen und bei den darauf folgenden Wahlen wurde Gbagbo zum Präsidenten gewählt. Alassane Ouattara wird erneut wegen ihrer Abstammung ausgeschlossen, von Gbagbo aber auf skrupellose Weise ausgenutzt, nachdem er sie einige Jahre früher selbst abgelehnt hatte.
Die latenten Spannungen kommen im September 2002 zum Ausbruch, nachdem aufständische Soldaten den Nordwesten des Landes erobern. Seither ist Cote d’Ivoire in zwei Teile gespalten. Auf der Grundlage von Vereinbarungen, die im Januar 2003 in Marcoussis unterzeichnet wurden, entstand eine Regierung der nationalen Einheit. Doch die Vereinbarungen wurden nie vollständig in die Praxis umgesetzt. Nach zweijährigem Stillstand ist die Krise mit dem ganzen Ausmaß der Gewalt ausgebrochen, wovon vor allem die rund 4.000 im Land stationierten französischen Soldaten und rund 10.000 bis 15.000 im Land lebende französische Zivilisten betroffen sind. (LM) (Fidesdienst, 10/11/2004 - 46 Zeilen, 549 Worte)


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