ASIEN/LIBANON - Der Apostolischer Nuntius im Libanon zu den Erwartungen und Hintergründen zum Besuch von Papst Benedikt XVI.

Mittwoch, 12 September 2012

Beirut (Fidesdienst) – „In Erwartung des Papst Besuchs erkennt der Libanon erneut die Größe und Schönheit der eigenen Berufung als Nation: die eines Landes, in dem verschiedene Identitäten in gegenseitigem Respekt zusammenleben“. Der Apostolische Nuntius in Beirut, Erzbischof Gabriele Giordano Caccia, fasst mit diesen Worten die positiven Zeichen im Vorfeld des Besuchs von Papst Benedikt XVI. (14.-16. September) zusammen. Der Vatikanvertreter im Land der Zedern erwähnt im Gespräch mit dem Fidesdienst die „großen Erwartungen“ der Christen, aber auch aller anderen Komponenten der vielfältigen libanesischen Gesellschaft, die sich vor allem auch in „Zeichen der Wertschätzung seitens der Sunniten, Schiiten, Drusen und Alawiten“ widerspiegeln. Während überall Bilder des Papstes neben libanesischen Flaggen und der Flagge des Vatikan zu sehen sind, ist auf den Titelseiten der Tageszeitungen das Motto des Papstbesuchs zu lesen: „Meinen Frieden gebe ich euch“. Ein Satz aus dem Evangelium – so der Apostolische Nuntius – „der den Erwartungen der Menschen in dieser Region voll und ganz entspricht“.
Abgesehen von diesen äußeren Zeichen, so der Erzbischof, gebe es auch im ganzen Land Momente des Gebets und der spirituellen Vorbereitung: „In den Kirchen des Landes finden Novenen zur Vorbereitung auf den Papstbesuch statt. Es gab bereits fünf große gemeinschaftliche Gebetswachen in fünf verschiedenen Teilen des Landes. Zahlreiche Initiativen der Begegnung und der gemeinsamen Reflexion für Christen und Muslime wurden veranstaltet. Hinzu kommt eine Gebetswache in Beirut am Mittwochabend, in deren Rahmen Gläubige mit jeweils zwei Prozessionen aus christlichen Stadtvierteln und muslimischen Stadtvierteln zu dem nach der Jungfrau Maria benannten Park gehen“.
Der Besuch des Papstes findet in einer schwierigen Zeit statt, in der das fragile politische Gleichgewicht des Landes durch die Ereignisse in Syrien, die soziale Unzufriedenheit und die Wirtschaftskrise auf eine harte Probe gestellt wird. Erzbischof Caccia jegliche Art der politischen Auslegung der Gesten und Worte des Papstes ab: „Es kann sein dass es hier und da jemanden gibt, der verschiedene Aspekte des Papstes für sich vereinnahmen will. Doch es wäre gut für alle, wenn man den weiteren Horizont des Papstbesuchs berücksichtigen würde, der alle Problematiken im ganzen Nahen Osten umfasst und nicht nur die politische Lage im Libanon. Das Nachsynodale Apostolische Schreiben, dass der Papst den Bischöfen des Nahen Ostens überreichen wird, enthält Vorschläge und Richtlinien, die die Ortskirchen im jeweils eigenen Kontext im Bereich der Erziehung, der Wirtschaft des Sozialen, der humanitären Hilfe und der Politik umsetzen sollen. Unter anderem fanden seit der Sondersynode für den Nahen Osten in der Region große und oft verworrene Veränderungen statt, die noch nicht abgeschlossen sind.“
Angesichts einer geforderten „Stellungnahme“ der Kirche im Hinblick auf den Konflikt in Syrien und die Aufstände im Nahen Osten, erklärt Erzbischof Caccia, welche Kriterien der Heilige Stuhl bei der Einordnung der Ereignisse zugrunde legt. Nach Ansicht des Nuntius sollte man auf die „jüngsten Äußerungen von Papst Benedikt XVI. zu den Ereignissen im Nahen Osten zurückblicken, bis hin zu seinen Worten beim Angelusgebet am vergangenen Sonntag. An erster Stelle steht dabei das Leid der Völker. Alle beteiligten Parteien sollten sich deshalb dafür Einsetzen, dass die Spirale der Gewalt beendet wird, damit sich die Ereignisse in eine andere Richtung entwickeln. Dabei sollten alle Handelnden an einer gemeinsamen Initiative der internationalen Staatengemeinschaft beteiligt werden. Eine erste Initiative der Mittlertätigkeit von Kofi Anann ist leider gescheitert, doch seine Argumente sind weiterhin gültig. Außerdem sollte man im Hinblick auf die Ereignisse in Syrien, berücksichtigen, dass es abgesehen von den Geschehnissen vor Ort um eine Neuausrichtung der Achse der regionalen Mächte geht.“ Mit Blick auf ein solches globales Szenarium seien auch die Vorwürfe gegen die Christen im Nahen Osten, die auf der Seite des Regimes stehen sollen, ganz offensichtlich falsch. „Man sollte stets auf der Seite derjenigen stehen, die die Achtung und die Umsetzung der Prinzipien der Freiheit und der Menschenwürde fordern. Doch diese Unterstützung sollte auch die tatsächliche Wirklichkeit in Betracht ziehen. Wie bereits der maronitische Patriarch Bechara Boutros Rai, betont, unterstützen Christen keine autoritären Systeme, fürchten aber die Auflösung der Staaten. Man hat Angst davor, dass es eine ähnliche Entwicklung wie im Irak geben könnte, wo im Alltag keinerlei Sicherheit mehr gewährleistet ist. Alle befürchten, dass jene zivile Ordnung nicht mehr existieren wird, die ein Minimum an Sicherheit im Alltag garantiert. Aus diesem Grund muss die internationale Staatengemeinschaft, so schwierig dies auch sein mag, nach möglichen Wegen suchen, die dazu führen, dass die beteiligten Parteien die Willkür der Gewalt beenden. Denn die Alternative lautet Leid und Schmerz für alle. Gewalt macht vor niemandem Halt. Dies wird auch an der traurigen Situation der Flüchtlinge deutlich, die unterschiedslos aus allen Religionsgruppen kommen“. (GV) (Fidesdienst, 12/09/2012)


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