ASIEN/IRAK - „Man tötet nicht nur mit Bomben“. Christliche Mädchen und Frauen im Kreuzfeuer. Dahinter steckt sich eine offensichtliche Strategie: Christen sollen verängstigt und vertrieben werden

Dienstag, 26 Oktober 2004

Bagdad (Fidesdienst) - Nach einem einwöchigen Streik aus Protest gegen die Gewalt und die Bedrohung durch islamische Extremisten (vgl. Fidesdienst vom 21. Oktober 2004) besuchen die christlichen Studenten aus Mossul (Nordirak) wieder die Vorlesungen. „Die Studenten wollen ihre Studienzeit nicht wegen denjenigen vergeuden, die versuchen, das Land mit Gewalt zur Bildungslosigkeit und Unterdrückung zu zwingen“, so der syrisch-katholische Priester Nizar Semaan aus Mossul gegenüber dem Fidesdienst. „Am meisten betroffen sind christliche Studentinnen, die beschlossen haben, einen Kompromiss zu akzeptieren, damit sie die Vorlesungen nicht verpassen. Sie nehmen ein Kopftuch in der Tasche mit und tragen es nur, wenn Gefahr droht“, so der katholische Priester. „Dies ist ein Kompromiss, der uns nicht gefällt, doch die Studenten möchten das Studium fortsetzen und hoffen auf eine baldige Beendigung der Einschüchterung, auch weil wir keine weiteren Kompromisse akzeptieren wollen, die die Freiräume der Menschen weiter einschränken“.
„Islamische Extremisten üben psychische Gewalt gegen christliche Mädchen und Frauen aus. Unerwartet erscheinen Männer an den Toren von Universitäten, Kirchen und Moscheen und verteilen Flugblätter mit Drohungen. So schnell wie sie auftauchen verschwinden diese Männer wieder“, berichtet Pfarrer Nizar Semaan. „Die Drohschriften richten sich vor allem gegen Frauen. Man möchte alle zum Tragen des Schleiers zwingen, insbesondere christliche Mädchen und Frauen“.
„Es handelt sich um ein wahres kulturelles und psychologisches Massaker. Man tötet nicht nur mit Bomben. Man tötet nicht nur körperlich sondern auch psychisch, wenn man Menschen zur Verhaltensweisen zwingt, die ihnen nicht eigen sind. Die meisten Mädchen kommen aus kleinen Dörfern in der Umgebung von Mossul. Wenn diese jungen Frauen die Universität besuchen, dann bedeutet das, dass sie sich der Welt öffnen und Freiräume gewinnen. Nun fühlen sich viele von ihnen eingeengt, wenn wie zu den Vorlesungen gehen und kehren deshalb so schnell wie möglich nach Hause zurück“, so Pfarrer Semaan.
„Die Behörden versuchen die Terroristen so gut wie möglich abzuwehren. Doch der Rektor der Universität hat mehrmals betont, dass kein Mädchen gezwungen wird, auf dem Universitätsgelände einen Schleier zu tragen“, so der Priester. „Die Verantwortlichen der christlichen Gemeinschaft vor Ort haben sich mit den Vorstehern der arabisch-muslimischen Dörfer und mit Kruden zu Gesprächen getroffen, bei denen sie darüber berieten, wie man die Gewalttätigen gemeinsam abwehren kann. Auch die muslimischen Einwohner der Gegend sind Opfer dieser terroristischen Verbrechen.“
„Den extremistischen Gruppen gehören nur wenige Tausend Menschen an, doch sie sind gut organisiert und werden finanziell unterstützt. Die Gelder kommen von wohlhabenden wahabitischen Familien aus dem Ausland. Die Hochburg der Extremisten befindet sich in Mossul“, so der katholische Priester weiter. „Die Einwohner der Stadt hoffen, dass die Sicherheitskräfte in den kommenden Tagen die Verstecke der Terroristen angreifen und vernichten, damit es in dieser gemarterten Stadt endlich wieder Frieden gibt.“ (LM) (Fidesdienst, 26/10/2004 - 42 Zeilen, 465 Worte)


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