AFRIKA/SOMALIA - Die Wahl des neuen somalischen Präsidenten könnte zu einer Wende in der Geschichte des Landes führen. Ein Kenner des Landes analysiert die Lage für den Fidesdienst

Dienstag, 12 Oktober 2004

Rom (Fidesdienst) - „Es handelt sich um eine Neuheit, die Aufmerksamkeit verdient. Nach der Wahlen von Abdullahi Yusef zum neuen somalischen Präsidenten gibt es konkrete Möglichkeiten für eine Eingliederung der kriegführenden Parteien in den somalischen Friedensprozess“, so Federico Battera, der am Lehrstuhl für afrikanische Geschichte der Universität Trieste als Forscher arbeitet und ein Kenner der Lage in Somalia ist. Am 10. Oktober wählte das somalische Parlament den bisherigen Präsidenten von Puntland, Abdullahi Yusuf, in Nairobi (Kenia) in das Amt des somalischen Präsidenten. Puntland ist eine autonome Region im Nordosten Somalias. Yusuf vereinigte 185 Parlamentarierstimmen auf sich. An den Gegenkandidaten, Abdullahi Ahmed Addou, einen ehemaligen Diplomaten und Finanzminister, gingen insgesamt 76 Stimmen.
„Yusuf besitzt eine militärische Ausbildung und hat damit die Statur eines Anführers der kriegführenden Parteien“, so Battera. „Meiner Ansicht nach wird er nicht Bürgermeister eines Teils von Mogadischu bleiben, wie dies sein Vorgänger waren, die in der Tat nur beschränkte Machtbefugnisse hatten. Da es ihm gelungen ist, die Präsidentenwahl zu gewinnen, ist Yusuf der Ansicht, dass er die Möglichkeit haben wird, die kriegführenden Parteien, die die verschiedenen Landesteile kontrollieren, in den Friedensprozess mit einzubeziehen. Die internationale Staatengemeinschaft sollte dieses Bemühen jedoch unterstützen, ansonsten ist es zum Scheitern verurteilt“.
„Ähnlich wie in Afghanistan geht es hier darum die kriegführenden Parteien auf allen Ebenen am politischen Prozess zu beteiligen und dadurch die Autorität des Staates schrittweise zu stärken. Dies wird jedoch ein langer und äußerst schwieriger Prozess sein“, so Battera weiter. „Außerdem sollte in Betracht gezogen werden, dass Yusuf aus Puntland, also aus einer Region kommt, die weiterhin im Rahmen eins föderativen Staates, den es noch nicht Gibt, Unabhängigkeit fordert. Dies könnte in entscheidendem Maß zum Entstehen eines föderativen Staates beitragen, sollte er als somalischer Präsident nicht für die Option einer Zentralregierung entscheiden.“
„Yusuf ist auch in Äthiopien sehr angesehen, das seit langem gute Beziehungen zu Puntland unterhält. Auch die Vereinigten Staaten schätzen ihn, denn er gilt als überzeugter Feind der muslimischen Fundamentalisten. Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass die internationale Staatengemeinschaft ihn unterstützen wird“, so Battera. „Es ist noch nicht absehbar, welche Politik Yusuf gegenüber Somaliland anwenden wird, das sich als Region im Norden Somalias vor mehr als 10 Jahren als unabhängig betrachtet und dies Unabhängigkeit selbst proklamierte“, so der Battera. „Zwischen Puntland und Somaliland war es zu Uneinigkeiten hinsichtlich des Grenzverlaufs gekommen, was jedoch nicht zu einem offenen Krieg geführt hat. Sowohl Puntland als auch Somaliland werden von Äthiopien unterstützt und dies könnte zur Vermeidung eines Krieges beigetragen haben. Sollte es Yusef gelingen, seine Macht als somalischer Präsident zu stärken, dann könnte er jedoch auch versuchen, die Situation in Somaliland zu destabilisieren. Dies ist jedoch nur eine Annahme“. (LM) (Fidesdienst, 12/10/2004 - 39 Zeilen, 464 Worte)


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