OZEANIEN/AUSTRALIEN - Exklusivinterview mit dem Erzbischof von Canberra: „Aborigines und Zuwanderer gehören zu den Kernfragen der Mission“

Montag, 17 Oktober 2011

Vatikanstadt (Fidesdienst) – Die Verkündigung des Evangeliums unter den Aborigines gehört weiterhin zu den „Hauptanliegen der Sendung der katholischen Kirche in Australien“, die vor allem auf junge Menschen zählt und sich für eine „Humanisierung und Entpolitisierung der Zuwanderungsfrage“ einsetzt. Über die wichtigsten Herausforderungen, mit denen sich die katholische Kirche in Australien bei der Evangelisierungstätigkeit konfrontiert sieht, spricht Erzbischof Mark Coleridge von Canberra and Goulburn am Rande des ad-limina Besuchs der australischen Bischöfe im Vatikan mit dem Fidesdienst.

Wie gestaltet sich die Evangelisierungstätigkeit der katholischen Kirche in Australien heute?

Australien ist ein Land mit einer langen christlichen Tradition und zahlreichen Missionaren, die im Ausland tätig sind. Heute leben wir in einer Zeit des Übergangs, in der alte Schemen und die Identität der Vergangenheit auf neue Herausforderungen und neue Fragen stoßen. Unterdessen befindet sich auch der christliche Glaube in einer Phase der notwendigen Wiedergeburt. Wir brauchen eine Neuevangelisierung, neue Lebendigkeit und mehr Elan bei der Verkündigung des Evangeliums und wir fragen uns wie, wir dies erreichen können. Der Wandelt betrifft die katholische Kirche in Australien aber auch die Gesellschaft insgesamt. Wir müssen uns mit der Vergangenheit befassen und aus ihr lernen - denn es war eine Zeit der Gnade - und uns dann neue Perspektiven für die Zukunft schaffen. Gefährlich ist es, wenn man sich in sich selbst verschließt und nur nach innen blickt. Als Bischöfe sagen wir ganz klar, dass es an der Zeit ist, dass wir „hinausfahren“ zu neuen Formen und neuen Grenzen der Mission.

Welche Rolle spielen Laien und junge Menschen in dieser Phase?

Ihre Rolle ist von ausschlaggebender Bedeutung. Man hört immer wieder, dass junge Menschen „die Zukunft“ der Kirche sind. Wir sagen, dass sie „die Gegenwart“ der Kirche sind. Neue Formen der Evangelisierung basieren vor allem auf der Mitarbeit von Laien und Jugendlichen. Sie sind für uns die Vorreiter neuer Initiativen und Quellen neuer Energie, neuer Ideen und eines neuen Elans für die Mission im 21. Jahrtausend.

Wie sieht die Mission unter den Aborigines aus?

Die Mission unter den Aborigines ist seit jeher eine schwierige und delikate Frage. Die Missionsarbeit unter Aborigines wurde von den Benediktinern zur Zeit der europäischen Kolonialherrschaft begonnen. Der katholischen Kirche ist es trotz aller Bemühungen nicht gelungen, den unter den Aborigines ausgesäten Samen wirklich zum Erblühen zu bringen. Dies bleibt für uns eine dringliche Aufgabe. Doch so lange die Wunden der Vergangenheit zwischen Weißen und Eingeborenen nicht heilen, wird die Frage der Aborigines in unserem Land immer eine schmerzliche Angelegenheit bleiben. Die Mission unter den Eingeborenen wird der Mission der Kirche auch künftig am Herzen liegen, denn die Gemeinden der Aborigines gehören zu den ärmsten und am meisten benachteiligten im Land.

Eine weitere Herausforderung ist die Zuwanderungsfrage: wie gehen Sie damit um?

Australien ist seit über 200 Jahren ein Zuwanderungsland. Wir haben eine lange Tradition der Aufnahme und Gastfreundlichkeit, die auch Frucht des christlichen Glaubens ist. Diese Tradition scheint heute untergraben und beeinträchtigt von der Art und Weise, wie die australischen Behörden mit verzweifelten Menschen umgehen, die um Asyl bitten. Leider wurde die Asylfrage zu einer imminent politischen Frage gemacht und dies ist nicht unbedingt förderlich. Als Bischöfe betonten wir, dass eine Humanisierung und Entpolitisierung der Zuwanderungsfrage dringend notwendig ist, damit wir unserer langen Tradition der Gastfreundschaft treu bleiben. (PA) (Fidesdienst, 17/10/2011)


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