AFRIKA/SUDAN - „Die Situation ist nicht nur in der Region Darfur, sondern im ganzen Sudan äußerst instabil und gefährlich“. Interview mit Bischof Gassis von El Obeid.

Dienstag, 28 September 2004

Rom (Fidesdienst) - „Die Welt macht sich zu Recht sorgen um Darfur, doch diese Tragödie führt dazu, dass die anderen Krisenregionen im Sudan in den Hintergrund geraten“, so Bischof Macram Max Gassis von El Obeid im Südsudan in einem Kommentar zur jüngsten Entwicklung im Sudan. „Es darf nicht vergessen werden, dass die Friedensverhandlungen für den Südsudan nicht vorankommen. Ich befürchte, dass dieser Stillstand sowohl für die Regierung als auch für die Rebellen der SPLA (Sudan’s People Liberation Army) bequem ist. Mit dem Entwurf für einen Kompromiss sind weder die Regierung noch die SPLA einverstanden. Die beiden Parteien wurden unter Druck gesetzt, damit sie einen Kompromiss eingehen, doch in Wirklichkeit akzeptieren sie lieber den gegenwärtigen Status als Vereinbarungen zu unterzeichnen, mit denen sie nicht zufrieden sind“, so der Bischof, „Der gegenwärtige Status ist jedoch sehr instabil und der Krieg könnte jederzeit wieder ausbrechen“.
„ES handelt sich um einen Machtkampf zwischen der Regierung und der SPLA, der nichts mit den armen Menschen zu tun hat, die die Hauptleidtragenden dieses Konflikts sind. Die Menschen sind des Krieges müde, sie wollen Frieden. Es ist an der Zeit, dass die Regierenden an eine ernsthafte Befriedung des Landes denken“, so Bischof Gassis, dem vor allem mehrere noch ungelöste Probleme Sorge bereiten: „In dem Entwurf für den Friedensvertrag wird die Abschaffung des Mission Society Act in Erwägung gezogen. Dabei handelt es sich um ein Gesetz aus dem Jahr 1962, dass die Tätigkeit der nichtmuslimischen Religionen in beträchtlichem Maß einschränkt. Auf der Grundlage dieses Gesetzes entstehen für die christlichen und insbesondere für die katholische Kirche große Schwierigkeiten bei der Tätigkeit im Sudan. Es muss zum Beispiel eine Genehmigung für den Bau einer neuen Kirche beantragt werden, die aber nur unter großen Schwierigkeiten erteilt wird. Auch die Tätigkeit der christlichen Gemeinden im erzieherischen und sozialen Bereich wird sehr eingeschränkt.“
Zur politischen Lage im Sudan erklärt Bischof Gassis: „Eine weitere Krise, die von der internationalen Staatengemeinschaft und von den Medien ignoriert wird ist die Situation in der Region Upper Nile, wo regierungstreue Milizen ebenfalls Massaker an der Zivilbevölkerung verüben, auf die auch wir Bischöfe mehrmals hingewiesen haben“ (vgl. Fidesdienst vom 30. August 2004).
„Zu den verschiednen Krisen in den Randgebieten kommt der Machtkampf innerhalb des Regimes und zwischen den Militäreinheiten unter Präsident Omar El Bashir und denen, die sich auf Hassan Al Turabi berufen“, so Bischof Gassis. „Die jüngsten Festnahmen von Personen aus dem Umfeld von Turabi, denen man einen Putschversuch vorwirft, sind stellen die Instabilität innerhalb der Regierung unter Beweis“.
Turabi, ehemaliger Ideologe des Regimes, ist seit längerem in Ungnade geraten, wird jedoch von weiten Teilen der Bevölkerung und von einigen Mitgliedern der Regierung weiterhin unterstützt.
In der vergangenen Woche hatten sudanesische Behörden bekannt gegeben, man habe einen Staatsstreich vereiteln können. Nach Angaben der Regierung in Khartum hätten 38 Regierungsmitglieder nach dem Freitagsgebet vor der Moschee verschleppt werden sollen. Der missglückte Putschversuch soll vom Generalsekretär der oppositionellen Kongresspartei, Al Haj Adam Yusef, geplant worden sein, deren Vorsitzender Turabi ist. (LM) (Fidesdienst, 28/09/2004 - 44 Zeilen, 513 Worte)


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