ASIEN/INDIEN - Schwestern von der Nächstenliebe bei Überfall von hinduistischen Extremisten verletzt - Kommentar des Sprechers der indischen Bischofskonferenz

Montag, 27 September 2004

New Delhi (Fidesdienst) - „Wir verurteilen die beiden Überfälle auf die Missionarinnen von der Nächstenliebe in Kerala mit Nachdruck. Angesichts dieses skrupellosen Vorgehens fundamentalistischer Hindugruppen auf der Suche nach politischem Terrain sind wir äußerst besorgt. Unterdessen haben weltliche und religiöse Institutionen und Organisationen, darunter auch Vertreter der Hindu, Muslime und Buddhisten ihre Solidarität uns gegenüber zum Ausdruck gebracht“, so der Sprecher der indischen Bischofskonferenz, Pater Babu Joseph Karakombil gegenüber dem Fidesdienst in einem Kommentar zu den beiden jüngsten Übergriffen hinduistischer Fanatiker auf Schwestern des von Mutter Teresa von Kalkuttagegründeten Ordens im indischen Unionsstaat Kerala.
Beide Überfälle wurden am 25. September in Pantheerankave nördlich von Cochin (im südindischen Unionsstaat Kerala) in einer Dalit-Siedlung verübt. Gegen Mittag waren zwei Schwestern auf dem Weg zur Siedlung um dort wie gewöhnlich Mahlzeiten zu verteilen. Die Schwestern waren von Familien aus der Siedlung um Hilfe gebeten worden, denen es am Nötigsten fehlte, um die eigenen Kinder zu ernähren. Plötzlich wurde das Auto der Schwestern von fünf Männern überfallen die mit Stöcken und Ketten auf das Auto einschlugen und dabei nationalistische Hindu-Slogans riefen. Dabei wurden zwei Ordensschwestern, Schwester Sirolina und Schwester Rose Merlyn, sowie deren Fahrer verletzt.
Ein Kleinbus, in dem Missionare, die von dem Überfall erfahren hatten, zum Ort des Geschehens fahren wollten, wurde von einer rund 30köpfignen Gruppe ebenfalls überfallen. Dabei wurde die Ordensoberin Schwester Kusuma am Kopf verletzt, ebenfalls verletzt wurde eine weitere Ordensschwester, Schwester Shalot und drei Ordensbrüder, drunter Bruder Varghese und der aus Kenia stammende Bruder Bernard, die dem männlichen Zweig des von Mutter Teresa gegründeten Ordens angehören. Die Fundamentalisten hatten auch versucht, die Schwestern aus dem Fahrzeug zu ziehen, was ihnen jedoch nicht gelang. Alle Verletzten wurden in eine nahe gelegene Privatklinik gebracht. Bei einer der Ordensschwestern wurden schwere Verletzungen festgestellt.
Neun Angreifer konnten von der Polizei vor Ort festgenommen werden. Die hinduistische nationalistische Baratiya Janata Party (BJP) und andere hinduistische Gruppen haben sich von den Übergriffen distanziert. Doch noch Aussage der Schwestern sollen die Angreifer unter anderem gerufen haben „Lang lebe die BJP“.
In einer gemeinsamen Verlautbarung äußern sich verschiedene christliche Verbände und Bewegungen besorgt über diesen jüngsten Vorfall, den sie mit Nachdruck verurteilen. Gleichzeitig unterstützen sie die Tätigkeit der Missionsschwestern. Der Unionsstaat Kerala ist die Wiege der syromalabarischen Kirche, weshalb das Christentum hier tief verwurzelt ist und es zahlreiche Priester- und Ordensberufe gibt.
„Dies ist ein Angriff auf die das harmonische Zusammenleben, das im Staat Kerala seit jeher existiert“, so Pater Babu Joseph Karakombil im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Dass ein solcher Überfall in Kerala verübt wird ist wirklich ungewöhnlich, da hier zwischen den verschiedenen weltlichen und religiöse Gruppen eine seit jeher eine sehr herzliche Atmosphäre herrscht. Doch der Mord an Pfarrer Job Chittilappilly, der am 28. August in Kerala ermordet wurde und der Überfall auf die Schwestern von Mutter Teresa, die in ganz Indien sehr geschätzt werden, ist ein besorgniserregendes Signal. Es gibt Gruppen, den Fundamentalismus schüren, damit man sie auf politischer Ebene wahrnimmt. Hinter diesen Ausschreitungen verbergen sich politische Interessen“.
Zur Position der indischen Kirche erklärt der Sprecher der Bischofskonferenz: „Als Kirche lehnen wir diese Provokation ab. Wir verurteilen jede art von religiösem Fundamentalismus und fordern alle Gruppen auf, sich von solchen Aktivitäten zu distanzieren, die einen Angriff auf das Wohlergehen der indischen Bevölkerung und der ganzen Nation darstellen. Wir haben auch den Nationalen Minderheitenausschuss informiert und Solidaritätsbekundungen seitens staatlicher Einrichtungen und Bürgerverbänden und auch von zahlreichen religiösen Organisationen erhalten. Alle wissen, dass die Kirche und die Missionarinnen von der Nächstenliebe einen wertvollen Beitrag im Dienst an den armen leisten.“
Die antichristliche Stimmung wuchs in Indien während der Regierungszeit der BJP. Hinduistische Extremisten werfen den Christen Proselytenmacherei (Abwerben von Gläubigen) unter dem Deckmantel sozialen Engagements vor. Von über einer Milliarde Einwohner Indiens sind rund 2% Christen (davon 17 Millionen Katholiken). Rund 80% der Einwohner sind Hindu. (PA) (Fidesdienst, 27/09/2004 - 57 Zeilen, 464 Worte)


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