EUROPA/ITALIEN - „Aids ist nicht mehr nur ein Problem der afrikanischen Länder oder der Dritten Welt. Italien steht unter den westeuropäischen Ländern an erster Stelle, was die Zahl der HIV-Infizierten anbelangt. Die Koordinatorin des „Projekts Rainbow“ der von Don Oreste Benzi gegründeten Gemeinschaft Papst Johannes XXIII. kommentiert für den Fidesdienst einen Bericht der Europäischen Union

Samstag, 11 September 2004

Rom (Fidesdienst) - Mit Blick auf die internationale Aids-Konferenz, die am kommenden 16. und 17. September in der litauischen Hauptstadt Wilna stattfinden wird veröffentlichte die Europäische Union einen Bericht zur derzeitigen Situation. Der Fidesdienst bat Frau Dr. Elisabetta Garuti, Koordinatorin des Projekts Rainbow der Gemeinschaft Papst Johannes XXIII. Insbesondere ging Frau Dr. Garuti auf die Situation in Italien ein.
„Als Projektleiterin betreue ich insbesondere Hilfsprogramme für Aidswaisen in Sambia, Kenia und Tansania. Im Allgemeinen befasse ich mich hauptsächlich mit den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Im Rahmen meiner Tätigkeit besuche ich italienische Schulen und Pfarrgemeinden. Vor ich mit meinen Ausführungen beginne, frage ich die Kinder und Jugendlichen immer, was sie selbst über Aids wissen. Dabei überrascht mich immer wieder, dass die meisten gar nichts wissen. Es kam zum Beispiel auch vor, dass ich Schüler in einer Abiturklasse fragte, was sie über das Virus und dessen Verbreitung wissen. Die Antworten waren vollkommen unangemessen und viele haben nur sehr vage Vorstellungen, wobei die meisten glauben, die Krankheit werde vor allem durch homosexuelle Kontakte übertragen, was natürlich völlig realitätsfremd ist.
Was mich besonderes beeindruckt ist die Tatsache, dass es in italienischen Schulen keinerlei Aufklärungskampagnen gibt und das bei einer Krankheit, von der wir bisher nur die Spitze des Eisbergs kennen, wie einer der wichtigsten Aidswissenschaftler der Welt, Professor Gallo, vor einigen Jahren sagte. Wir kennen die gesamte Entwicklung dieser Epidemie, die sich immer weiter ausbreitet noch nicht. Meiner Ansicht nach ist in Italien der irrtümliche Eindruck entstanden, dass Aids unter Kontrolle und damit überwunden ist. Man ist der Ansicht, es handle sich um ein Problem der Drogenabhängigen oder besonderer Risikogruppen, wie zum Beispiel Homosexuelle.
Meiner Ansicht nach hat vor allem die Tatsache, dass in Italien nicht über Aids gesprochen wird und auch junge Menschen nicht aufgeklärt werden dazu geführt, dass die Epidemie sich ausbreiten konnte. Dabei existiert die Gefahr auch in Familien, wenn die Männer Kontakt zu Prostituierten haben, in Risikogruppen wo verschmutzte Spritzen im Umlauf sind oder bei Geschlechtsverkehr zwischen Homosexuellen, usw.“, so Frau Garuti abschließend.
Seit 1995 hat sich die Zahl der gemeldeten Aidsfälle in Westeuropa verdoppelt. In einigen osteuropäischen Ländern gehören die Raten der Neuinfektionen zu den weltweit höchsten. In Westeuropa Ende 2003 insgesamt 580.000 Kranke während die Zahl der HIV-Infizierten in Osteuropa bei 1.300.000 lag, davon 860.000 in der Russischen Föderation. In Russland und der Ukraine ist 1% der Erwachsenen HIV-infiziert.
Unter den westeuropäischen Ländern steht Italien an erster Stelle, was die Zahl der HIV-Infizierten anbelangt. In Italien gibt es 140.000 HIV-infizierte gefolgt von Frankreich mit 120.000. In Osteuropa kam es in den vergangnen Jahren zu einem raschen Anstieg bei der Zahl der Infizierten. In Estland und Litauen sind vor allem junge Menschen betroffen und es entsteht dabei ein Bild, das sogar afrikanische Länder übertrifft: 80% der HIV-Infizierten sind unter 25 Jahre alt.
Hauptsächlich wird das Virus auf sexuellem Weg übertragen, obschon vor allem in westeuropäischen Ländern, darunter auch Italien, die Benutzung infizierter Spritzen zu den Hauptinfektionswegen gehört.
Das von der Europäischen Kommission veröffentlichte Dokument soll vor allem zur Vorbeugung gegen die Verbreitung der Krankheit anregen. Außerdem sollen Behandlungsmöglichkeiten für Kranke in armen Ländern durch die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gefördert werden. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sollen ihre jeweiligen Strategien abstimmen. In diesem Zusammenhang werden auch zusätzliche finanzielle Mittel für die Forschung gefordert.
Die Europäische Kommission stellte für Programme zur Bekämpfung von Aids bisher über eine Milliarde Euro zur Verfügung. (AP) (Fidesdienst, 11/09/2004 - 55 Zeilen, 616 Worte)


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