ASIEN/IRAK - „Schulreform zur Bekämpfung des Extremismus im Nahen Osten“, fordert Pfarrer Nizar Semaan. „Die Schule muss zum Frieden erziehen! Wenn ein Kind bereits ab seinem sechsten Lebensjahr nur von Krieg und vom Mord an den Feinden hört, dann braucht man sich nicht wundern, wenn 18-Jährige zu Kamikazen werden“

Donnerstag, 2 September 2004

Bagdad (Fidesdienst) - „Ich bin davon überzeugt, dass eine Reform des Schulsystems zur Lösung des Problems des muslimischen Extremismus im Nahen Osten beitragen würde“, so der syrisch-katholische Pfarrer Nizar Seeman aus Mossul gegenüber dem Fidesdienst. „Ich denke dabei an meine Erfahrung als Schüler in öffentlichen Schulen im Irak zurück. Während meiner 15jährigen Schulzeit habe ich nie das Wort Frieden gehört. Stattdessen brachte man uns bei, dass der Irak von Feinden umgeben sei, von Iran, Israel und Syrien. Konzepte und Werte wie Frieden, Zusammenleben, gegenseitiger Respekt waren vollkommen unbekannt. Erst durch die Kirche und während der Jahre meiner Priesterausbildung habe ich die Werte des Friedens und der Liebe kennen gelernt“, so Pfarrer Semaan.
„Der Irak ist dabei kein Einzelfall: in der ganzen arabischen Welt werden Schüler weiterhin bereits von frühester Kindheit an zu Hass und Angst erzogen. Krieg wird dabei als Notwendigkeit dargestellt“, so der irakische Priester. „Die neuen irakischen Lehrpläne werden derzeit revidiert und es besteht Hoffnung darauf, dass die Situation sich ändern wird, Wenn es im Irak eine Veränderung gibt, wird dann auch in den anderen arabischen Ländern etwas geschehen? In meinem Innersten hoffe ich dies, doch wenn ich mit der Vernunft darüber nachdenke, dann habe ich einige Zweifel“.
„So versteht man auch, weshalb die Lehrmeister des Terrors keine Schwierigkeiten haben, wenn es darum geht junge Menschen zu rekrutieren, die sie zu menschlichen Bomben machen. Wenn ein Kind bereits ab seinem sechsten Lebensjahr nur von Krieg und vom Mord an den Feinden hört, dann braucht man sich nicht wundern, wenn 18-Jährige zu Kamikazen werden“, so Pfarrer Semaan.
„Trotz der vielen Opfer des Terrorismus dürfen wir nicht Opfer einer Logik des Hasses werden. Hass und Angst bedeutet, dass die Terroristen gesiegt haben. Ihr Ziel ist es nämlich Schrecken und Angst zu verbreiten, die zu weiterem Hass führen, was in einem Teufelskreis endet. Die Ketten des Hasse müssen gesprengt werden, damit unsere Werte wieder gelten, nämlich Frieden und Zusammenleben“, so der katholische Pfarrer. „Damit dies geschieht, müssen wir uns bewusst machen, dass auch die jungen Menschen, die sich in die Luft sprengen und damit andere Menschen ermorden, selbst Opfer ihrer Anführer sind, die die im Nahen Osten zutiefst verwurzelten religiösen Gefühle zu verbrecherischen Zwecken manipulieren. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Anführer einer Terroristengruppe sich selbst in die Luft sprengt. Denn ganz offensichtlich ist ihnen das eigenen Leben wichtiger als das dieser jungen Menschen, die sie vorher auf diabolische Weise manipuliert haben“.
„Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die Logik des Lebens über die Logik des Todes siegen wird. Irgendwann werden diese jungen Menschen, die sich dem Tod verschrieben haben, die Schönheit des Lebens entdecken und den Gürtel mit dem Sprengstoff wegschmeißen“, so Pfarrer Semaan. „Ich weiß zwar auch, dass dies noch lange dauern wird und dass noch viel Blut vergossen werden wird, doch die Logik der Gewalt wird nicht siegen können“, so der Pfarrer weiter. „Wir Christen haben die Aufgabe unseren Glauben und die Logik der Liebe zu verkünden. Unsere Märtyrer haben ihr Leben hingegeben, damit andere leben können. Darin unterscheiden sie sich von den so genannte Märtyrern, die sich in die Luft sprengen um andere zu ermorden. Ein Konzept, dass im Grunde nicht einmal islamisch ist, sondern nur eine Manipulation des Islam darstellt“. (LM) (Fidesdienst, 02/09/04 - 45 Zeilen, 581 Worte)


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