ASIEN/IRAK - „Du sollst nicht töten! Ein Gebot, das auch für den Islam gilt. Extremisten, die im Islam töten, schänden die Religion, die sie angeblich vertreten“ so ein irakischer Priester

Montag, 26 Juli 2004

Bagdad (Fidesdienst) - „Diese Menschen leben nicht nach den Geboten Gottes. Sie machen sich zum Richter und Henker und handeln dabei nach eigenen Gesetzen, die nichts mit der Religion zu tun haben“, so der syrisch-katholische Pfarrer Nizar Semaan aus Mossul im Gespräch mit dem Fidesdienst in einem Kommentar zu den Hinrichtungen mehrerer Geiseln durch ihre Entführer im Irak. „Sie vertreten dabei gewiss nicht den wahren Islam“, so der Pfarrer. „Das Gebot „Du sollst nicht töten“ gilt für alle drei monotheistischen abrahamitischen Kirchen: sowohl für das Judentum als auch für das Christentum und den Islam. Wenn man unschuldige Geiseln tötet, dann hat das nichts mit der islamischen Religion zu tun. Islamische Extremisten ignorieren damit die Grundlagen der Religion, die sie auf willkürliche Weise angeblich vertreten“.
„Was wollen diese Terroristen eigentlich? Den Irak befreien“, fragt sich Pater Nizar. „Es scheint mir nicht, als ob sie die Absicht hätten, einen neuen demokratischen Staat zu gründen, sondern sie wollen uns vielmehr in die dunkle Zeit der Diktatur zurückführen. Die irakische Bevölkerung braucht sie nicht. Im Gegenteil, bei den meisten Opfern der Attentate handelt es sich um unschuldige Iraker“.
Zur öffentlichen Ordnung im Irak unterscheidet Pfarrer Semaan zwischen politischer und allgemeiner Kriminalität. „Die große internationale Presse widmet den Geiselnahmen, deren Opfer ausländischer Bürger im Irak sind, großes Interesse, doch es gibt auch sehr viele Iraker, die von kriminellen auf der Suche nach leichtem Verdienst entführt werden. Dabei handelt es sich bei den Opfern meist um Angehörige von Freiberuflern, Ärzten und Geschäftsleuten. Die Geiseln werden gegen Zahlung eines Lösegelds freigelassen.“, so der irakische Priester.
Nach Ansicht von Pfarrer Nizar „ist der Anstieg der Kriminalität auf den Beschluss Saddam Husseins zurückzuführen, rund 20.000 bis 30.000 Gefangenen kurz vor dem letzten Krieg freizulassen. Diese Verbrecher haben sich nach ihrer Freilassung in Banden organisiert, die nun im ganzen Land erpressen“.
„Die ehrlichen Menschen reagieren jedoch bereits darauf“, so Pfarrer Semaan. „Die Menschen arbeiten mit der Polizei zusammen und melden verdächtige Personen und Ereignisse, die darauf schließen lassen, dass ein Attentat oder eine Entführung vorbereitet wird. Es handelt sich dabei zweifelsohne um ein ermutigendes Signal, auch wenn die Gewalt im Irak noch lange nicht zu Ende sein wird. Ich bin jedoch fest davon überzeugt, dass es in meinem Land wieder Frieden geben wird.“
Ws die Situation der irakischen Christen anbelangt erklärt Pfarrer Semaan: „Die Christen leiden unter der allgemeinen Situation im Land, wie alle anderen Iraker. Doch das Leben geht weiter. Ich möchte nur zwei kleine Beispiele nennen: der Eigentümer der Möbelfabrik in Karakosh (christliche Kleinstadt mit 25.000 Einwohnern in der Nähe von Mossul, Nordirak, Anm. d. Red.) erklärte mir, dass er alle seine Ehebetten ausverkauft hat, weil so viele junge Menschen heiraten. Vergangene Woche wurden in Karakosh 350 Jugendliche gefirmt. Dies ist ein Zeichen der Lebendigkeit der christlichen Präsenz im Irak“ (LM) (Fidesdienst, 26/7/2004 - 40 Zeilen, 489 Worte)


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