ASIEN/PAKISTAN - „Ein ungerechtes Gesetz, das abgeschafft werden muss“. Der Vorsitzende der pakistanischen Bischofskonferenz im Gespräch mit dem Fidesdienst zum so genannten Blasphemieparagraphen

Donnerstag, 15 Juli 2004

Lahore (Fidesdienst) - „Ich bin nicht sehr optimistisch hinsichtlich einer Revision des Blasphemieparagraphen. Die Opposition der Extremisten ist sehr groß. Außerdem muss eine Gesetzesänderung auch vom Rat des Islam geprüft werden. Wir Christen warten und hoffen, doch wir geben uns keinen Illusionen hin“, so der Vorsitzende der Pakistanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Lawrence Saldanha von Lahore, im Gespräch mit dem Fidesdienst zur Nachricht über den Vorschlag einer Revision des Blasphemiegesetzes, der von der pakistanischen Regierung vorgelegt wurde.
Mit ihrem Vorschlag zur „Änderung des Strafgesetzes“ möchte die Regierung den so genannten Blasphemieparagraphen und die (1979 eingeführten) auf dem Koran basierenden „Hudud“-Verordnungen revidieren, die Strafmaßnahmen wie Auspeitschen und Steinigung für Delikte wie Ehebruch, Glücksspiel oder Alkoholkonsum vorsehen. Insbesondere soll das bisherige „Ehrendelikt“, die das Töten einer Frau legitimiert, die des Ehebruchs verdächtigt wird, nach einer Gesetzesänderung als Mord betrachtet werden.
Zu den Einzelheiten erklärte Erzbischof Saldanha: „Es wird von einer Revision des Gesetzes gesprochen, nicht von einer radikalen Änderung. Doch dieses Gesetz ist ungerecht und muss abgeschafft werden. Die Regierung scheint dies auch tun zu wollen, doch sie muss auf viele Bevölkerungsteile Rücksicht nehmen und vor allem auf radikale islamische Gruppen, die mit einer allgemeinen Mobilisierung drohen. Unterdessen werden weiterhin Christen Opfer dieses ungerechten Gesetzes. Und nach den jüngsten Fällen (Samuel Masih und Javed Anjum) haben die Christen wieder Angst“.
Zur derzeitigen Situation in Pakistan betont der Vorsitzende der pakistanischen Bischofskonferenz: „Gegenwärtig befinden sich über 80 Christen wegen Blasphemie in Haft: diese sind viele, wenn man bedenkt, dass die Christen unter der pakistanischen Bevölkerung nur etwas weniger als 1 % ausmachen.“
Erzbischof Saldanha erinnert auch an einen jüngst von der bischöflichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden veröffentlichten Bericht: „Diese Untersuchung zeigt, dass die Menschenrechte der Minderheiten in Pakistan unterdrückt werden. Wir möchten, dass das ganze Land und die internationale Staatengemeinschaft auf diese sich zuspitzende Situation aufmerksam wird“.
Auf 150 Seiten erläutert der Bericht unter anderem die Situation von Arbeitern (Zwänge, niedrige Gehälter, Ausbeutung), Frauen (mit einer Liste der Verstöße gegen ihre Rechte), Religions- und Meinungsfreiheit. Die Autoren weisen auch darauf hin, dass kein anderes auf religiösen Prinzipien gründendes Gesetz derart verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung hat, wie das Gesetz zur Blasphemie. Die Kommission fordert die Abschaffung von Gesetzen, die religiöse Minderheiten diskriminieren und die Schaffung einer unabhängigen Kommission mit juridischern Kompetenzen, die Beschwerden und Klagen von Minderheiten entgegennimmt.
Auch der pakistanische Menschenrechtskämpfer Cecil Chaudry übte Kritik an den so genannten „Hudud“-Verordnungen, die im Fall des „Ehrendelikts“ sogar „einen Mord legalisieren“. Der Leiter der Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity Worldwide, die sich vor allem für die Rechte der Christen einsetzt, begrüßte den Vorschlag der pakistanischen Regierung, und forderte die Behörden auf, sich für eine harmonische und tolerante Atmosphäre zu engagieren. (PA) (Fidesdienst, 15/7/2004 - 46 Zeilen, 468 Worte)


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