ASIEN/SRI LANKA - Das Bemühen aller politischen, sozialen und religiösen Kräfte des Landes zum Schutz von Frieden und Versöhnung als Voraussetzung für Fortschritt und Wohlstand

Samstag, 10 Juli 2004

Colombo (Fidesdienst) - Die Lage bleibt in Sri Lanka weiterhin angespannt, doch es ist an der zeit für eine Wende; es bedarf des gemeinsamen Bemühens aller politischen, sozialen und religiösen Kräfte des Landes zum Schutz des Friedens und der Religionsfreiheit als notwendige Voraussetzung für nachhaltige Harmonie, Fortschritt und Wohlstand. Dies bekräftigen Vertreter aus Kreisen der Kirche in Sri Lanka gegenüber dem Fidesdienst in einem Kommentar zur derzeitigen Lage des Landes. Das jüngste Selbstmordattentat in der Hauptstadt Colombo ist ein beunruhigendes Zeichen, das vor allem der Ortskirche und den Menschen guten Willens Sorge bereitet.

Terroristische Gewalt
Die terroristische Gewalt hat auch im Zentrum der srilankischen Hauptstadt Colombo erneut zugeschlagen. Das jüngste Selbstmordattentat könnte den Waffenstillstand zwischen der Regierung und den Rebellen der Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE), das seit Februar 2002 eingehalten wurde, in Frage stellen. Am 7. Juli hatte sich eine Frau vor einer Polizeikaserne in der Sicherheitszone von Colombo in die Luft gesprengt. In dem Stadtteil befinden sich auch die Residenz des Premierministers und die Botschaften der Vereinigten Staaten und Großbritanniens. Bei dem Selbstmordattentat starben vier Sicherheitsbeamte, weitere neun Personen wurden verletzt. Die Frau sprengte sich in der Nähe der Büros des Landwirtschaftsministers Douglas Devananda in die Luft. Devananda ist Tamile und Vorsitzender der Demokratischen Partei der Eelam (EPDP), wurde als Gegner der Rebellen von diesen jedoch beschuldigt, den sezessionistischen Flügel der Rebellenbewegung in einer politischen Partei organisiert zu haben.

Die Verantwortlichen des Attentats
Die LTTE-Rebellen lehnen eine Verantwortung für das Attentat ab und verurteilen es in einer öffentlichen Verlautbarung, in der es heißt, es könne „den Friedensprozess ernsthaft gefährden“. Doch die Behörden Sri Lankas hegen weiterhin den Verdacht, dass sich Rebellen hinter dem Selbstmordattentat verbergen könnten. Diese Annahme gründet auch auf der Tatsache, dass die LTTE in der Vergangenheit mehrmals Selbstmordattentate durchgeführt hatte (unter anderem auch im Fall des Mordes am indischen Premierminister Rajiv Gandhi im Jahr 1991). Das letzte Selbstmordattentat wurde in Colombo im Oktober 2001 vor der Unterzeichnung des Waffenstillstands verübt. Ein Mitglied der LTTE hatte sich in die Luft gesprengt, nach dem er von der Leibwache des damaligen Premierministers Ratnasiri Wickremanayake aufgehalten worden war.

Der Tag des Schwarzen Tigers
Das Attentat wurde zwei Tage nach dem so genannten „Tag des Schwarzen Tigers“ verübt, der an das erste Selbstmordattentat eines Tamil-Rebellen am 5. Juli 1987 erinnert. Am Gedenktag des Attentates selbst hatten die Rebellen neue Aktionen angekündigt und der Regierung vorgeworfen, sie berücksichtige die Forderungen der Rebellen nicht. Außerdem beklagten sie zwei Militärangriffe unter Missachtung des „Waffenstillstandes“.
In den vergangenen Wochen hatten die Rebellen den Militärs in Colombo vorgeworfen, sie unterhielten Beziehungen zum Anführer des sezessionistischen Flügels der Gruppe, der im April dieses Jahres eine Spaltung der Bewegung herbeigeführt hatte. Leutnant Karuna leitete einst den militärischen Flügel der LTTE in den Distrikten Batticaloa und Amparar im Osten des Landes
Die Lage im Land bleibt weiterhin angespannt: die jüngste Episode führt ein weiteres Mal die dringliche Notwendigkeit der Wiederaufnahme der Verhandlungen vor Augen, die im April 2003 zum Stillstand gekommen waren.

Die Rolle Norwegens
In der derzeitigen Phase gibt es zwei mögliche neutrale Vermittler: Norwegen und Indien. Norwegen wurde auf Bitte der Staatspräsidentin Chandrika Kumaratunga erneute an den Verhandlungstisch gebeten. Norwegen hatte im November 2003 die Mittlerrolle abgelehnt, nachdem es zu einem Streit über die Machtkompetenzen zwischen dem ehemaligen Premierminister Wickremesinghe und der Staatspräsidentin Kumaratunga gekommen war. Letztere hatte drei Minister entlassen und das Parlament aufgelöst: dies führte zu Neuwahlen im April, bei denen die Koalition von Frau Kumaratunga, die Freeedom Alliance gewann, jedoch keine absolute Mehrheit der Sitze erhielt.

Die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den beteiligten Parteien
Erstes Ziel Norwegens ist die Wiederherstellung eines Mindestmaßes an Vertrauen zwischen den beiden Seiten, wie dies bereits unter der letzten Regierung geschehen war. Doch das Unterfangen ist sehr schwierig. Zu den Schwerpunkten des Wahlprogramm, mit dem es der Freedom Alliance gelungen war die Neuwahlen zu gewinnen war die „harte Linie“ gegen die Instanzen der Tamilen. Frau Kumaratunga kündigte an, dass die Forderungen nach Verwaltungsautonomie in den betroffenen Regionen im Norden und Osten des Landes, die größtenteils von Tamilen bewohnt werden, nicht akzeptiert werden können.

Die Forderungen der Tamilen
Dies ist jedoch die Grundvoraussetzung für eine Rückkehr der Vertreter der LTTE an den Verhandlungstisch, den sie im April 2003 verlassen hatten. Die Tamilen fordern eine Interims-Regierung in den nördlichen und östlichen Landesteilen. Diese Forderung wird von vielen Abgeordneten der Regierungskoalition strikt abgelehnt, die eine solche Lösung als Wegbereiter einer künftigen Sezession der Region betrachten. Die Forderung der Tamilen ist unmissverständlich: Autonomie in einem föderativen Rahmen.
Zu diesen Schwierigkeiten kommen interne Probleme in den Reihen der Koalition unter Leitung von Frau Kumaratung. Die Verbündeten der marxistisch geprägten JVP (Janatha Vimukthi Peramuna) lehnen eine norwegische Vermittlung ab.

Eine mögliche indische Vermittlung
Auf dem schwierigen Weg in Richtung Frieden gibt es eine neue Möglichkeit: bei einem Besuch in New Delhi bat der srilankische Außenminister Lakshman Kadirgamar den neuen indischen Premierminister Manmohan Singh um Unterstützng bei einer eventuellen Vermittlung im Konflikt zwischen der Regierung in Colombo und den Tamil-Rebellen, die ihm auch zugesagt wurde.
Indien könnte ein ausschlaggebendes Gewicht bei den Verhandlungen mit den Tamilen haben. Die im Norden Sri Lankas lebenden Tamilen kommen ursprünglich aus Indien, wo im Südlichen Unionsstaat Tamil Nadu insgesamt 56 Millionen Tamilen leben. Bereits in der Vergangenheit hatte sich Indien um die Vermittlung eines Friedens in Sri Lanka bemüht: 1987 stationierte Indien ein Friedenskontingent in Sri Lanka, das nach zwei Jahren infolge umfangreicher Verluste (rund 1.200 Soldaten) wieder zurückgezogen wurde. Der indische Premierminister Rajiv Gandhi wurde 1991 ermordet, nachdem er die erneute Stationierung indischer Soldaten in Sri Lanka in Erwägung gezogen hatte. Seither hatte sich Indien aus der politischen, militärischen und diplomatischen Intervention im srilankischen Bürgerkrieg zurückgezogen. Vor kurzem hatte die indische Regierung die beigeordnete Sekretärin des Außenministeriums, Frau Nirupama Menon Rao, zum Hochkommissar für Sri Lanka ernannt.

Fortschritte und ungelöste Fragen bei der Wiederaufnahme der Verhandlungen
Ein positives Element hinsichtlich zukünftiger Verhandlungen ist die angekündigte Unterstützung seitens der internationalen Staatengemeinschaft und der Geberländer des Wiederaufbaus (vor allem Japan, Europäische Union, Vereinigte Staaten und Weltbank), die bereits Hilfsmittel in Höhe von rund 4,2 Millionen Dollar für die kommenden fünf Jahre zur Verfügung gestellt haben.
Zu den ungelösten Fragen gehört die Aufnahme der Liberation Tiger of Tamil Eelam in die von den Vereinigten Staaten aufgestellte Liste der terroristischen Aktionen: dies stärkt die Position der srilankischen Regierung bei den Verhandlungen. Eine Streichung der Gruppe von der schwarzen Liste hängt vom Ausgang dieser Verhandlungen ab.
(PA) (Fidesdienst, 10/7/2004 - 108 Zeilen, 1.085 Worte)


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