AFRIKA/SUDAN - „Verzweifelte und erschöpfte Menschen fliehen vor einem endlosen Krieg“. Erklärung des UN-Flüchtlingshochkommissars zur Lage im Sudan

Mittwoch, 7 Juli 2004

Khartum (Fidesdienst) - „Obschon im April dieses Jahres ein Waffenstillstandsabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und zwei Rebellengruppen unterzeichnet wurde, führen Gefechte in der Region Darfur (Westsudan) weiterhin zur Flucht von tausenden Zivilisten“, so der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen in einer Verlautbarung, die dem Fidesdienst vorliegt.
Nach Angaben des Flüchtlingshochkommissariats der Vereinte Nationen (UNHCR) sind in den vergangenen Tagen rund 100 Frauen und Kinder und einige Männer in verzweifeltem Zustand in den Aufnahmelagen in Kalma in der Nähe von Nyala, der Hauptstadt der westsudanesischen Region Darfur angekommen. Zuvor hatten sie eine dramatische Reise zu Fuß oder auf Lkws durch die von den Gefechten erschütterten Gebiete zurückgelegt.
Die Binnenflüchtlinge kommen aus der Region südöstlich von Nyala, wo in der vergangenen Woche Regierungssoldaten und mit ihnen verbündete arabische „Janjaweed“-Milizen eine Offensive gegen das größtenteils von den Rebellen der Sudan Lieberation Army (SLA) kontrollierte Gebiet gestartet haben sollen. Die Flüchtlinge berichteten, dass ihre Dörfer bei Angriffen während der vergangenen 16 Monate zunächst aus der Luft mit Kampfflugzeugen und Hubschraubern angegriffen worden waren, denen bewaffnete Männer auf Geländewagen, Pferden und Kamelen gefolgt waren, die Männer, Frauen und Kinder getötet, Frauen vergewaltigt, Besitztum und Viehbestände geplündert und ganze Dörfer in Brand gesteckt haben sollen.
Im Aufnahmelager in Kalma, 17 Kilometer südöstlich von Nyala halten sich derzeit bereits rund 40.000 Menschen auf. Internationale Hilfswerke versorgen die Flüchtlinge- darunter auch zahlreiche unterernährte Kinder - mit Lebensmitteln, Wasser und Medikamenten.
„Ende vergangenen Woche war eine weitere Gruppe nach Kalma gekommen. Es handelte sich um rund 1.500 Personen die von Polizeibeamten und Soldaten aus einer provisorischen Siedlung verjagt worden waren, weil sie dort angeblich Privatgrund in der Nähe der Straße zum Flughafen von Nyala in Anspruch genommen hatten. Besondere Sorge bereitet die Tatsache, dass die Frauen durch Schläge zum Verlassen der Siedlung gezwungen wurden und ihrer Hütten zerstört worden sein sollen“, heißt es in der Verlautbarung des UNHCR.
In der westsudanesischen Provinz Darfur versucht das UNHCR in Zusammenarbeit mit der Regierung sicherzustellen, dass Menschen nur aus eigenem Willen ihren bisherigen Aufenthaltsort verlassen. Unterdessen wurde das UNHCR und andere Hilfswerke gebeten, geeignete Orte für die Einrichtung von Aufnahmelagern zu erkunden. Die Regierung möchte die Flüchtlinge, die sich bisher in provisorischen Siedlungen aufhalten in dafür vorgesehene Aufnahmelager umsiedeln. Mitarbeiter des UNHCR haben sich in El Geneina im Westen der Region Darfur mit Vertretern von rund 3.500 Flüchtlingen aus dem benachbarten Tschad, die sich seit den 80er Jahren in Darfur aufhalten, zu Gesprächen getroffen. Nach eigenen Aussagen sollen auch diese tschadischen Flüchtlinge von der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung betroffen sein, weshalb sie die UN-Mitarbeiter um Unterstützung bei einer baldigen Rückkehr in ihr Herkunftsland gebeten haben. Diese Flüchtlinge würden in die Region Abeché im Osten des Tschad zurückkehren, wo bereits rund 118.000 sudanesische Flüchtlinge aus Darfur in insgesamt acht Aufnahmelagern des UNHCR untergebracht sind. (LM) (Fidesdienst, 7/7/2004 - 43 Zeilen, 478 Worte)


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