AFRIKA/GUINEA BISSAU - Hinter dem Mord an Staatspräsident Vieira verbirgt sich „das Ende eines zwanzigjährigen Konflikts zwischen zwei Protagonisten im Leben des Landes oder Drogengeschäfte“, vermutet ein Missionar im Gespräch mit dem Fidesdienst

Dienstag, 3 März 2009

Bissau (Fidesdienst) – In Guinea Bissau befragt man sich nach den Morden an Staatspräsident Joao Bernardo „Nino“ Vieira und am Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Batista Tagmé Na Waié (vgl. Fidesdienst vom 2. März 2009) nach den Gründen des zweifachen Mordes.
Der Fidesdienst sprach mit einem Missionar mit langjähriger Erfahrung in Guinea Bissau über mögliche Motive für diese schwerwiegenden Episoden der Gewalt. Der Missionar wollte aus Sicherheitsgründen anonym bleiben.
„Im Land werden zwei Vermutungen angestellt, was den Mord an Präsident Vieira und am Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Batista Tagmé Na Waié anbelangt. An erster Stelle überlegt man sich ob es sich vielleicht um das Ende eines jahrzehntelangen Konflikts zwischen den beiden Männern handelt. Vieira und Na Waié hatten zusammen im Krieg gegen Portugal gekämpft. Nach der Unabhängigkeit hatte Na Waié verschiedene wichtige militärische Ämter inne. Doch die wahre Wende kam mit dem Staatsstreich 1980 als Vieira an die Macht gelangte. Von 1980 bis 1984 leitete Waié die Militärpolizei.
1988 wurde Na Waié des Amtes enthoben und festgenommen. Man beschuldigte ihn der Teilnahme an einem angeblichen Putschversuch gegen Vieira. Im Gefängnis wurde er gefoltert und erhielt Elektroschocks, was bei ihm zur Sterilität führte, was in der afrikanischen Kultur ein wahres Drama ist. Zehn Jahre später hatte er sich den Putschisten unter General Ansumae Mané angeschlossen und in dieser Zeit habe ich ihn persönlich kennen gelernt: ich betreute die Häftlinge während der Zeit der Militärjunta. General Na Waié hat meiner Ansicht nach damals große Menschlichkeit unter Beweis gestellt und versucht, die Lebensbedingungen in den Gefängnissen zu verbessern.
Später haben sich die Wege Tagmés und Vieiras erneut gekreuzt. Nach einem mehrjährigen Exil in Portugal (1999-2005) kehrte Vieira in das Land zurück und es gelang ihm, sich zum Präsidenten wählen zu lassen; Na Wajé war zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernannt worden, nachdem sein Vorgänger, General Verissimo Correia Seabra von aufständischen Militärs ermordet worden war, denen ihr Sold und die Prämie für die Beteiligung an der afrikanischen Friedenseinheit in Liberia nicht bezahlt wurde. General Na Waié hat dem Präsidenten Treue geschworen, doch zwischen den beiden kam es bald zu heftigen Auseinandersetzungen. Viele betrachten deshalb die Konfrontation zwischen den beiden als Grund für die geheimnisvollen Vorgänge der vergangenen Monate, wie zum Beispiel, der versuchte Mord am Präsidenten im November 2008 oder der angebliche Mordversuch an Na Waié im Januar dieses Jahres.
Nach dieser Version wäre der Tod des Oberbefehlshabers der Streitkräfte dem Präsidenten zuzuschreiben; Soldaten die Na Waié treu geblieben waren verübten dann aus Rache den Mord am Staatsoberhaupt.
Die zweite Vermutung betrifft hingegen die Kontrolle über den Handel mit Kokain aus Lateinamerika, das in Guinea vor dem Weitertransport nach Europa umgeschlagen wird. Sowohl die Militärs als auch die Politiker sind in den Drogenhandel verwickelt, und das ist im Land kein Geheimnis. Träfe diese Version zu, dann hätte Na Waié die Vereinbarungen nicht respektiert und wäre bei einem Bombenattentat ums Leben gekommen, das die Drogenhändler in Auftrag gegeben haben. Seine Männer hätten den Präsidenten umgebracht, weil sie ihn für den Auftraggeber des Mords an ihrem Oberbefehlshaber hielten. Doch die beiden Vermutungen schließen sich gegenseitig nicht aus“. (LM) (Fidesdienst, 03/03/20009 – 46 Zeilen, 538 Worte)


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