AFRIKA/SÜDAFRIKA - Das unbekannte Drama der Flüchtlinge aus der Region der Großen Seen. Erfahrungsbericht eines Scalabrini Missionars

Mittwoch, 26 Mai 2004

Kapstadt (Fidesdienst) - Über 35.000 Flüchtlinge aus den Ländern der Region der Afrikanischen Großen Seen und insbesondere aus der Demokratischen Republik Kongo, Ruanda und Burundi leben allein in Kapstadt (Südafrika). „Die Statistiken sind nicht genau, da die Polizei nur ganze Familien und nicht Einzelpersonen mit einer Identifikationsnummer registriert. Deshalb kann die Polizei zwar darüber informieren, wie viele Flüchtlingsfamilien es gibt, ist jedoch nicht in der Lage, wie viele Flüchtlinge tatsächlich im Land leben“, so der italienische Scalabrini Missionar Pater Arcangelo, der in Südafrika französischsprachige Flüchtlinge betreut. „Dieses Land hat eine ziemlich zwiespältige Einstellung gegenüber Flüchtlingen. Auf der einen Seite werden sie zwar aufgenommen, doch auf der anderen Seite wird alles dafür getan, dass sie sich nicht in die südafrikanische Gesellschaft eingliedern. Zum Beispiel, wenn es um einen Arbeitsplatz geht. Viele Familienväter oder auch Mütter haben keine Arbeitserlaubnis. Die Kinder dürfen jedoch die Schulen besuchen und auch arbeiten. Dies ist fast eine Aufforderung zur Kinderarbeit. Glücklicherweise respektieren die meisten Erwachsenen ihre eigene Kindern und arbeiten lieber selbst als Schwarzarbeiter als dass sie ihre Kinder arbeiten lassen.“
„Ein weiterer Widerspruch der südafrikanischen Flüchtlingspolitik ist der Mangel an Infrastrukturen für die Erstaufnahme von Flüchtlingen. Es ist doch nicht möglich, dass die ärmsten afrikanischen Länder über Aufnahmecamps verfügen und es in Südafrika keine solchen gibt!“, beklagt der Missionare.
„Die Sozialleistungen des Staates beziehen sich entsprechend der einheimischen Gesetze ausschließlich auf südafrikanische Staatsbürger. Flüchtlinge haben zwar Anspruch auf Gesundheitsversorgung, doch oft stoßen sie auf Verständigungsprobleme, kulturelle Unterschiede, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit. Deshalb brauchen vor allem chronisch Kranke oder Kranke, bei denen die Genesung lange dauert oder deren Krankheit langfristige Folgen hat, wie zum Beispiel bei Aids, Malaria oder TBC, eine besondere Betreuung“, so Pater Arcangelo. „Für diese Menschen haben wir einen Besuchsdienst eingerichtet (home based care), bei dem vor allem kranke Flüchtlinge zu Hause besucht und gepflegt werden sollen. Sie werden auch beim Krankenhausbesuch begleitet, wo man ihnen bei der Verständigung und der Inanspruchnahme ihrer Rechte hilft. Außerdem erhalten sie oder ihre Angehörigen geistlichen Beistand. Dies gilt vor allem auch für Kinder von Witwen und allein stehenden Eltern“, so der italienische Missionar.
„Eine weiteres Anliegen ist uns Scalabrini Missionaren vor allem die Situation der behinderten Flüchtlinge“, so Pater Arcangelo. „Die südafrikanische Gesetzgebung sieht soziale Dienste für Behinderte und deren Familien oder für chronisch Kranke nur für südafrikanische Staatsbürger vor. Flüchtlinge und Zuwanderer sind davon ausgeschlossen. Deshalb haben wir auch eine Behindertenzentrum eingerichtet, wo sich jeden Monat vierzig Personen zum Erfahrungsaustausch treffen und sich gegenseitig Mut machen. Hier bieten wir behinderten Menschen auch Ausbildungsmöglichkeiten an. Jeder wird von uns unterstützt wenn er sich selbstständig machen will.“
„Eine weitere Priorität ist für uns die Rechtsberatung für Flüchtlinge“, so der Scalabrini Missionar. „Diese Menschen sprechen nicht Englisch, sie wissen über ihre Rechte nicht Bescheid und werden dabei auch von niemandem unterstützt, vielmehr werden sie hintergangen oder falsch informiert. Dadurch haben sie oft keine Möglichkeit, die eigenen Rechte in Anspruch zu nehmen. Deshalb planen wir die Einrichtung einer Beratungsstelle, die Rechtsberatung anbieten und die Flüchtlinge über ihre Rechte aufklären soll. Mit diesem Projekt wollen wir auch zur Debatte über die derzeitigen Flüchtlingsgesetze anregen und Kontakte zum Flüchtlingsbüro des Polizeipräsidiums schaffen. Hierfür ist die Einstellung von zwei Anwälten geplant, die hauptamtlich bei uns tätig sein sollen“ (LM) (Fidesdienst, 26/5/2004 - 51 Zeilen, 550 Worte)


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