AFRIKA/UGANDA - „Heute warten 400 Gefangenen in ugandischen Gefängnissen auf die Vollstreckung des Todesurteils. Vor zehn Jahren waren es nur 90. Das bedeutet, dass die Todesstrafe keine abschreckende Wirkung hat“. Der in ugandischen Gefängnissen tätige Comboni Missionar, Pater Agostoni, im Gespräch mit Fides

Donnerstag, 6 Mai 2004

Rom (Fidesdienst) - „Heute warten rund 400 Gefangene in ugandischen Gefängnissen auf die Vollstreckung des Todesurteils“, erklärt der Comboni Missionar Pater Tarcisio Agostoni, der seit 1951 in Uganda tätig ist und seit Jahrzehnten die Gefangenen in den Strafanstalten des Landes betreut, im Gespräch mit dem Fidesdienst. „Im Vergleich zum Beginn der 90er Jahre sind die Zahlen ungemein angestiegen. In den Jahren 1990-91 gab es etwa 90 zum Tode Verurteilte, von denen meiner Meinung nach bestimmt mindestens ein Drittel unschuldig waren. Die Urteile wurden alle drei Jahre vollstreckt und nur wenige Verurteilte wurden tatsächlich hingerichtet. Im April 1999 wurde das Strafsystem verschärft: an einem einzigen Tag wurden 28 Personen erhängt. Seither ist die Zahl der Todesurteile gestiegen.“, so Pater Agostoni. „Dieser Anstieg der Todesurteile zeigt, dass die Todesstrafe nichts nützt, weil sie für Kriminelle keine abschreckende Wirkung hat. Steigt die Zahl der Todesurteile von Jahr zu Jahr, dann bedeutet dies, dass wer einen Mord begeht, nicht vorher überlegt, ob ihm eventuell ein Todesurteil droht. Deshalb frage ich mich, wozu eine Strafe dienen soll, die jeglichen ethischen Prinzipien und den elementarsten Menschenrechten widerspricht.“
„Das ugandische Justizsystem sieht drei Justizebenen vor: es gibt das ordentliche Gericht, das Berufungsgericht und den Obersten Gerichtshof. Wenn das Urteil vom Obersten Gerichtshof definitiv bestätigt wurde, kann noch ein Gnadengesuch eingereicht werden. So gesehen erscheint das System einen gerechten Prozess zu garantieren“, erklärt Pater Agostoni. „Wie bei allen Angelegenheiten, mit denen Menschen zu tun haben, gibt es auch hier Mängel, die ein gutes Funktionieren behindern. Das Hauptproblem der Angeklagten liegt darin, einen guten Anwalt zu finden. Es handelt sich dabei oft um eine Geldfrage: nur wer genug bezahlen kann, hat Aussicht, von einem guten Anwalt vertreten zu werden“.
„Deshalb gehört es zu meinen Hauptaufgaben, den Gefangenen einen Anwalt zu besorgen. Dabei appelliere ich vor allem an die Solidarität der Menschen. Leider ist es nicht einfach, jemanden dazu zu bewegen, Geld für einen Angeklagten zu spenden, der einen Mord begangen hat; es gibt noch kein ausgeprägtes Unrechtsempfinden in diesem Bereich“, so Pater Agostoni. „Ich verfolge die Arbeit der Anwälte persönlich und übe auch einmal Druck aus, wenn es zu bürokratischen Verzögerungen kommt. Oft vergehen Monate, bis eine Akte vom ordentlichen Gericht zum Berufungsgericht in die ugandische Hauptstadt Kampala gelangt“.
„Abgesehen davon bin ich auch als geistlicher Begleiter der Gefangenen tätig, und achte dabei sehr auf ihre alltäglichen Bedürfnisse. Wenn ich aus dem Gefängnis komme, habe ich jedes Mal eine ganze Liste mit dem, was die Gefangenen brauchen: Lebensmittel, Medikamente, Kleider, Schuhe.“
Durch das Engagement von Pater Agostoni wurden bereits mehrere zu Unrecht zum Tode verurteilte Gefangene aus ugandischen Vollzugsanstalten entlassen. (LM) (Fidesdienst, 6/5/2004 - 41 Zeilen, 476 Worte)


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