AFRIKA/KENIA - Bericht zur Gewalt in der Zeit nach den Wahlen: Sollen die Schuldigen verurteilt werden oder gibt es eine Amnestie?

Dienstag, 21 Oktober 2008

Nairobi (Fidesdienst) – „Kenia steht nun vor derselben Frage, die man sich in anderen Ländern nach einer gewaltsamen politischen Konfrontation stellt: wie kann man den Frieden erhalten, zu dem man mühsam zurückgekehrt ist und trotzdem den Anforderungen der Wahrheit und der Gerechtigkeit entsprechen und die Verantwortlichkeit, derer, die den Konflikt geschürt haben aufklären“, so ein Beobachter aus Kreisen der Ortskirche in Nairobi in einem Kommentar zum Bericht der Untersuchungskommission, die im Zusammenhang mit der Gewalt nach den Wahlen ermittelte. Die Kommission unter Leitung des Richters Philip Waki wurde damit beauftragt zu klären, wer für die Gewalt nach der Wahl vom 27. Dezember 2007 verantwortlich war, aus der der scheidende Staatspräsident Mwai Kibaki erneut als Gewinner hervorging, was die Opposition unter Raila Odinga jedoch in Frage stellte. Zwei Monte lang kam es in verschiedenen Teilen des Landes zu Gewalt zwischen rivalisierenden Gruppen. Die Waki-Kommission stellte fest, dass die Gewalt nicht spontan entstand, sondern organisiert war und dass die Sicherheitskräfte bei der Eindämmung der Gewalt sehr nachlässig vorgingen. Die Krise konnte durch die Vermittlertätigkeit des ehemaligen Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Kofi Annan, überwunden werden: auf der Grundlage von Vereinbarungen blieb Kibaki Staatspräsident, während Odinga das Amt des Premierministers übernahm.
Die Vereinbarungen sahen auch die Schaffung der Untersuchungskommission vor, die nun in der vergangenen Woche ihren Bericht an das Staatsoberhaupt, den Premierminister und Kofi Annan überreichte. Letzterer erhielt auch einen versiegelten Umschlag mit den Namen der Anstifter der Gewalt. „Diese Namen sind den Redaktionen der Zeitungen und der anderen Medien nicht bekennt, denn diese erhielten zwar einen ersten Entwurf des Berichts, jedoch mit der Empfehlung die Namen eventueller Verantwortlicher und Finanzgeber der Gewalt nicht zu nennen“, so der Beobachter. Auf die Veröffentlichung des Berichts folgt nun die öffentliche Debatte: sollen die Verantwortlichen der Justiz übergeben werden oder wird es eine Amnestie geben? Staatspräsident Kibaki gibt unterdessen zu verstehen, dass er eine Amnestie vorziehen würde. Odinga vertritt die Meinung, dass die Verantwortlichen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Annan bekräftigt ebenfalls, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden sollten und dass, sollten einheimische Richter nicht handeln, das internationale Strafgericht in Den Haag angerufen werden könnte.
„Die Debatte gehört zum politischen Spiel: keine der beiden Parteien ist ganz frei von Schuld, denn beide tragen Verantwortung für die Gewalt“, so der Beobachter. „Die Menschen befürchten jedoch, dass es erneut zu Gewalt kommen könnte und niemand möchte die schrecklichen Episoden, zu denen es im Januar und Februar gekommen war, noch einmal erleben. Es ist jedoch mit Sicherheit positiv, dass die Politiker darüber sprechen, denn nur durch Vereinbarungen zwischen den Präsidenten und dem Premierminister wird man die potentielle Bombe entschärfen können, die die Uhr der Geschichte des Landes zurückdrehen würde.“
„Ein gutes Vorbild für Kenia könnte die Kommission für Wahrheit und Versöhnung in Südafrika sein, die dort nach der Abschaffung der Apartheid eingerichtet wurde, um die Verantwortlichkeit sowohl des rassistischen Regimes als auch der Befreiungsbewegung und anderer Kriegsparteien aufzuklären“, so der Beobachter abschließend. (LM) (Fidesdienst, 21/10/2008)


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