AFRIKA/KENIA - Die Schülerunruhen betreffen auch das Priesterseminar in Nairobi : „Die Frustration der jungen Menschen ist allein keine Erklärung für die Gewalt“, so ein Beobachter aus Kreisen der Ortskirche zum Fidesdienst

Mittwoch, 23 Juli 2008

Nairobi (Fidesdienst) – Über 300 weiterführende Schulen sind in Kenia von Unruhen betroffen. An verschiedenen Orten wurden schulische Einrichtungen geplündert oder in Brand gesteckt. Auch der Schlafsaal des Kleinen Seminars „Apostelkönigin“ in der Erzdiözese Nairobi wurde Opfer der Flammen, die von den Schülern selbst entzündet wurden. Der Erzbischof von Nairobi, Kardinal Jon Njue erläuterte bei einer Pressekonferenz am 23. Juli den Standpunkt der Kirche.
„Der Aufstand der Schüler betrifft vor allem staatliche Schulen, doch es sind auch verschiednen private Einrichtungen betroffen“, so ein Beobachter aus Kreisen der Ortskirche zum Fidesdienst. „Es gibt keine richtigen Forderungen seitens der Schüler, abgesehen von der weit verbreiteten Angst vor den Abschlussexamen des Quartals“.
„Das kenianische Schulsystem ist sehr anspruchsvoll und fordert viel von den Schülern“, so der Beobachter weiter. „Es stehen viele Fächer auf dem Stundenplan und es gibt zahlreiche Examen vor dem eigentlichen Abschlussexamen. Außerdem herrscht ein großer Wettbewerb zwischen den Schulen, der die Schüler zwingt, ihr Bestes zu geben, damit es gute Noten gibt. Der Notendurchschnitt bei der Abschlussprüfung ist wichtig für den Zugang zur Universität: ohne einen guten Durchschnitt wird man nur schwer zum Studium zugelassen. Die Schüler müssen deshalb viel lernen; oft stehen Schüler schon um drei Uhr morgens auf, um zu lernen, und es bleibt ihnen kaum Freizeit. Schüler, die Internate besuchen, fühlen sich oft von den Familien vernachlässigt die ihre eigenen Kinder in der Schule ‚abladen’ und sich nicht mehr um sie kümmern“.
„Die Schüler sind also vielerlei Stress ausgesetzt“, so der Beobachter weiter. „Dies allein erklärt jedoch nicht diesen plötzlichen Ausbruch von Gewalt. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in den vergangenen Monaten (die Preise für Lebensmittel sind um 30-40% angestiegen) hat gewiss auch Einfluss, so wie auch das Bewusst sein davon, dass wie viele Opfer man als Schüler auch bringt, im Leben nur diejenigen vorankommen die Beziehungen haben. Auch die zunehmende Verbreitung von Alkohol und Drogen unter den Jugendlichen ist ein destabilisierendes Element“.
„Schließlich steht hat Gewalt der vergangenen Monate in Verbindung mit der Auseinandersetzung zwischen dem Staatspräsidenten und dem Premierminister die Gemüter erhitzt. Auch damals waren Jugendliche und Studenten die Hauptakteure der Gewalt. Es besteht also auch heute der Verdacht, dass sich hinter den Schülerunruhen Lokalpolitiker verbergen, die die Frustration für das eigene politische Kalkül nutzen. Insbesondere im Rift Valley, wo es zu den heftigsten Auseinandersetzungen kam, wird befürchtet, dass die Schüler, wenn sie nach Hause kommen neue Gewalt unter den Vertriebenen schüren, die nun die Aufnahmecamps wieder verlassen, in denen sie während der vergangenen Monate lebten“, so der Beobachter abschließend. (LM) (Fidesdienst, 23/07/2008)


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