AFRIKA/DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO - WELTMEDIENTAG/1. JUNI EIN RADIOSENDER FÜR DEN FRIEDEN IM GEMARTERTEN AFRIKA: AM UFER DES KIVU-SEES AN DER GRENZE ZWISCHEN RUANDA UND BURUNDI EINE STIMME FÜR DIE STIMMLOSEN

Freitag, 30 Mai 2003

Bukavu (Fidesdienst) – Radio „Maria Malkia wa Amani“ (Maria Friedenskönigin) ist erst zwei Jahre alt doch der Name steht bereits für ein Programm. Es handelt sich um den katholischen Radiosender der Erzdiözese Bukavu, dass ganz in der Nähe der Kathedrale von „Unserer Lieben Frau vom Frieden“ auf Wunsch der Bischöfe Munzihirwa und Kataliko entstanden ist, die beide starben bevor ihr Wunsch nach einem Instrument der Evangelisierung und Information Wirklichkeit wurde. Anlässlich des Weltmedientags unter dem Motto: „Die Medien im Dienst des wahren Friedens im Licht von Pacem in terris“ sprach der Fidesdienst mit dem Xaverianer-Missionar, P. Luigi Lo Stocco, Ko-Direktor von Radio Maria Malkia wa Amani, der sich für den Frieden in einem der am meisten gemarterten Teile des Kontinents einsetzt.

Wann und weshalb wurde dieser Radiosender gegründet?
Radio „Maria Malkia wa Amani“ ist während der Zeit des Krieges in diesem von Massakern, Gewalt und Plünderungen gemarterten Teil Äquatorialafrikas entstanden und zwar in einem Moment, der für das Leben der Demokratischen Republik Kongo äußerst kritisch war. Seit 1998 herrscht im Osten des Kongo ein sinnloser Krieg und die Region wurde zum Opfer skrupelloser Invasoren. Wir wissen alle wie viele Bodenschätze es in Kivu, Maniema und in Oberkongo gibt: die Region ist reich an Gold, Diamanten, Erdöl, Koltan, Uran, usw….
Radio Maria Malkia wa Amani ist auf Wunsch zweier Bischöfe entstanden, die als Märtyrer gestorben sind: Bischof Christophe Munzihirwa wurde am 29. Oktober 1996 ermordet und Bischof Emmanuel Kataliko starb an 3. Oktober und fragwürdigen Umständen nachdem er sieben Monate lang an der Rückkehr in seine Diözese gehindert worden war. Beide waren Opfer dieses Krieges, Opfer der Wahrheit und ihres Engagements zum Schutz der Menschen. Der Sender entstand auch auf Initiative eine Gruppe von Personen (Priester, Ordensleute und Laien) die dem Vorbild ihrer Bischöfe folgen wollten und das Bedürfnis verspürten durch eine einflussreiches Mittel wie das Radio Zeugnis abzulegen.

Wie arbeitet der Radiosender?
Radio „Maria Malkia wa Amani“ versucht durch Information und wo nötig Anklage zu evangelisieren und möchte damit den Menschen helfen, wieder aufzustehen. In beiden Jahren seit seiner Gründung sollten die Sendungen von 5.30 morgens bis 22.00 abends dazu dienen, die Menschen in Bukavu und Umgebung in schwierigen Momenten des Alltags zu begleiten, während sie den Tod und Zerstörung bringenden Lärm der Gewehr- und Kanonenschüsse hörten. Als die Mai-Mai-Kämpfer am 6. April versuchten, sich mit schweren Geschützen und einem überraschenden Angriff der Stadt Bukavu zu bemächtigen, hat der Radiosender dieses Ereignis live übertragen und furchtlose Journalisten berichteten 12 Stunden lang im Bemühen die Menschen zu informieren, damit sie Ruhe bewahren konnten und um den Ausbruch von Panik zu vermeiden.

Wer arbeitet bei der Herstellung der Programme mit?
Radio „Maria Malkia wa Amani“ kann trotz seiner armseligen Unterbringung in einer Garage auf die Mitarbeiter einer Gruppe von Professionisten aus dem Bereich des Hörfunk zählen, die aber gleichzeitig auch als „Professionisten“ des eigenen Glaubens bezeichnet werden können. Der blinde Eric ist wie der Direktor Ben Politikexperte. Er hat auch Schritt für Schritt den lagen und mühsamen Weg des „interkongolesischen Dialogs“ verfolgt. Heute beobachtet er den gesamten Übergangsprozess. Seine Sendungen haben sehr viele Zuhörer, denn seine Analyse ist genau und dokumentiert. Solange erwartet ihr drittes Baby, man sieht sie immer mit dem Rosenkranz in der Hand, den sie nie zur Seite legt. Doch wenn sie am Mikrofon sitzt, dann zeigt sich ihr ganzer Ehrgeiz, wenn sie in perfektem Suaheli ohne Furcht informiert und anklagt. „Unser Radiosender soll eine Schule der Bewusstseinsbildung sein. Wir versuchen den Menschen dabei zu helfen, die Ereignisse im Licht des Evangeliums Jesu Christi zu betrachten…“, sagte mir Schwester Agnes einmal, kurz vor Beginn ihrer täglichen Sendung mit dem Titel „Schule für Familienerziehung“.

Wie gelingt es, inmitten eines zerstörerischen und blutigen Kriegs den Frieden zu fördern?
In einer Region wie der unseren, die vom Krieg gemartert wird, wo es in jeder Familie tiefe Wunden gibt, ist es nicht einfach die richtigen Worte für den Frieden zu finden. Denn Frieden ist Versöhnung, Vergebung und Achtung der Menschenwürde. Wir produzieren Sendungen, die vom Frieden sprechen, den Frieden singen und den Frieden verwirklichen. Dabei arbeiten wir mit vielen Organismen zusammen, die Friedensarbeit betreiben. In den vergangenen drei Monaten haben wir auch versucht den rivalisierenden Gruppen Sendezeiten einzuräumen um mit ihnen in Dialog zu treten. Sie Studios von Radio Maria sind zum „Treffpunkt“ des Dialogs für den frieden geworden. Jeden Sonntag zwischen 14.00 und 15.00 Uhr moderieren Ben und Eric mit dem Können erfahrener Journalisten die „Tribüne des Dialogs“. In dieser Sendung versuchen sie, die verschiedenen politischen Parteien einander gegenüber zu stellen. Die Sendung wird regelmäßig von rund einer Million Zuhörern verfolgt.

Mir Ihrer Arbeit setzen Sie manchmal auch die eigene Unversehrtheit aufs Spiel…
Ben Kabamba, der Direktor unseres Radiosenders hat eine kinderreiche Familie und er hat mir einmal im Vertrauen gesagt: „Ich habe Radio Maria Malkia wa Amani von Anfang an begleitet, seit es seine ersten Schritte versucht hat. Die Kirche in Bukavu hat großes Vertrauen in mich gesetzt. Es wurden Morddrohungen gegen mich ausgesprochen, ich wurde vom Büro für nationale Sicherheit vorgeladen, man hat mich festgenommen. Ich hatte oft Angst aber ich habe nie daran gezweifelt, dass mein Leben mit etwas Größerem verbunden war: mit meinem Engagement für den Aufbau des Friedens in meinem Land… Zwei Jahre langes unermüdliches Arbeiten hat mir auch viel Genugtuung gebracht, denn ich habe gesehen wie der Sender konkret wachsen konnte. Zwei Jahre sind zu kurz um Bilanz zu ziehen. Doch ich freue mich, dass ich meinem Volk, das so viel Not leidet, mit meiner Stimme etwas Hoffnung geben konnte“.

Was heißt es durch ein Radio „missionarisch zu handeln“? Wie erleben Sie Ihr Leben als Missionar?
Die Mission hat große Fortschritte gemacht, das gilt auch für Afrika. Ich bin seit 1970 im Kongo und arbeite seit zwei Jahren für den Radiosender, nachdem ich zuvor in vielen anderen Bereichen tätig gewesen war (Entwicklungshilfe, Bildungswesen, Gesundheitswesen, Katechese, Jugendpastoral, etc. …)
Das Radio ist ein neuer Areopag der Verkündigung des Evangeliums. Ich vergleiche meine missionarische Tätigkeit im Radio fast mit der Verkündigung des hl. Paulus in Athen oder des Matteo Ricci in China und vieler anderer, die versucht haben, sich der Zeit und den Menschen anzupassen, damit sie das Evangelium glaubhafter verkünden konnten. In Afrika, das mit Riesenschritten versuchen muss den Fortschritt einzuholen haben die Medien zu einer Überlagerung von Kulturen, Techniken, Generationen, Interessen, Gefühlen und Religionen geführt. Dabei ist das Radio das einzige Mittel, dass überall hinkommt, dass auch die Herzen derjenigen berührt, die weder schreiben noch lesen können. Das Radio ist deshalb wichtiger als die Zeitung, weil die Mitteilung hier der Tradition entsprechend mündlich stattfindet und die Menschen „dem gesprochenen Wort mehr Glauben schenken“.
Im Dienst des Radiosenders der Diözese Bukavu fühle ich, dass ich mein „Leben als Missionar“ noch intensiver lebe ohne dass meine ursprüngliche Berufung etwas einbüßt. Die Sendung liegt vor allem darin, allen Menschen in Bukavu Hoffnung zu geben und ihnen dabei zu helfen, dass sie wieder auf eigenen Füßen stehen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können. Frieden ist Gerechtigkeit, Frieden ist auch sich an der Hand zu nehmen und zusammen die ganze Wut und Trostlosigkeit „hinaus zu schreiben“. Denn dreieinhalb Millionen Opfer im Kongo dürfen nicht verschwiegen und vergessen werden.
(SL) (Fidesdienst, 30/5/2003 – 104 Zeilen, 1.215 Worte)



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