VATIKAN - DIE WORTE DER GLAUBENSLEHRE von Don Nicola Bux und Don Salvatore Vitiello - Kolonialismus und Inkulturation

Freitag, 6 Juni 2008

Vatikanstadt (Fidesdienst) – Kolonialismus und Inkulturation scheinen zwei Gegensätze zu sein, aber in Wirklichkeit ist es nicht so. Sie nehmen oft Gestalt an in Unterdrückung und Mystifikation – beides Ausdruck bedrückender und blauäugiger Gefühle, beide fern von etwas christlich, katholischem Wahrem! Wir sind uns bewusst, dass das Anstoß erzeugen wird, aber sehen wir mal genauer hin.
Der Kolonialismus ging von der - mehr oder weniger bewussten - Vorraussetzung aus, dass sich jede andere Zivilisation dem europäischen Menschen und der europäischen Zivilisation anpassen müsse. Der unbewusste Aspekt dieser Vorraussetzung war, dass jenes Menschenbild vor allem durch die Idee des „nach Gottes Ebenbild geschaffenen Menschen“ determiniert war. Der negative Aspekt bestand im Vergessen, dass dieses Ebenbild (auch wenn nicht thematisiert) in jeder anderen Zivilisation gegenwärtig war und in der Überzeugung, dass es hervorgebracht werden müsse durch die Verkündigung des Evangeliums auch durch Zwang.
Die Inkulturaition geht von der positiven Vorraussetzung aus, dass das Evangelium jedem Menschen begegnen soll, überall auf der Welt und all das fördern, was an Gutem vorhanden ist und das zu reinigen, was nicht gut und fehlerhaft ist. Das entspricht der evangelischen Anthropologie, die die Bekehrung eines jeden zum Herrn als freien und entscheidenden Akt vorsieht, aus dem der neue Mensch geboren wird. Man sehe den Heiligen Paulus. Das negative Abdriften einer gewissen Inkulturation besteht darin, die Idee eines „universalen Menschen“ zu postulieren, die der Renaissance und der Aufklärung eigen ist: ein von Natur aus guter Mensch, dem der „homo in Christo“ wenig oder gar nichts hinzufügen könnte.
Von ekklesialer und liturgischer Seite wird dem Kolonialismus die Lateinisierung vorgeworfen; aber die „Inkulturisten“ begehen am Ende eine ähnliche und der verpönten Lateinisierung entgegen gesetzte Aktion: mit der Auferlegung eines Evangeliums und einer Liturgie, die sich mit den indigenen Riten überlappen ohne sie zu reinigen oder der katholischen Kirche teilhaftig zu machen. Der Katechismus der Katholischen Kirche erklärt diesbezüglich: „Die Mission erfordert somit Geduld. Sie beginnt mit der Verkündigung des Evangeliums an die Völker und Gruppen, die noch nicht an Christus glauben [Vgl. RM 42-47]; sie geht weiter in der Errichtung christlicher Gemeinden, die „Zeichen der Gegenwart Gottes in der Welt" (AG 15) sein sollen, und in der Gründung von Ortskirchen [Vgl. RM 48-49]. Sie erfordert einen Vorgang der Inkulturation, durch den das Evangelium in den Kulturen der Völker eingepflanzt wird [Vgl. RM 52-54], und es bleibt ihr nicht erspart, auch Mißerfolge zu erleben. „Was die Menschen, Gemeinschaften und Völker anlangt, so berührt und durchdringt sie diese nur schrittweise, und nimmt sie so in die katholische Fülle auf" (AG 6)“.
Die “Lehrmäßige Note zu einigen Aspekten der Evangelisierung“ vom 3. Dezember 2007 erinnert unter der Nr. 6:
Im Prozess der Inkulturation wird „die Gesamtkirche selbst in ihren verschiedenen Lebensbereichen an Ausdrucksformen und Werten bereichert... Sie lernt das Mysterium Christi tiefer kennen und auszudrücken und wird zu ständiger Erneuerung angeregt“.[R.M. 52] Die Kirche, die seit dem Pfingsttag die Universalität ihrer Sendung kundtut, nimmt nämlich in Christus die unzähligen Reichtümer der Menschen aller Zeiten und Orte der menschlichen Geschichte auf.[S.A. 18] Abgesehen von ihrem inneren anthropologischen Wert, kann jede Begegnung mit einer Person oder einer konkreten Kultur Schätze des Evangeliums aufdecken, die bisher wenig sichtbar gewesen sind und das konkrete Leben der Christen und der Kirche bereichern.
Und unter Nr. 7 erläutert sie weiter:
Auch wenn die Nichtchristen durch die Gnade, die Gott schenkt „auf Wegen, die er weiß“,[A.G. 7] gerettet werden können, kann die Kirche doch nicht unbeachtet lassen, dass ihnen in dieser Welt ein überaus hohes Gut fehlt: die Erkenntnis des wahren Antlitzes Gottes und die Freundschaft mit Jesus Christus, dem Gott-mit-uns. Denn „es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken“. Für jeden Menschen ist die Offenbarung der grundlegenden Wahrheiten über Gott, über sich selbst und über die Welt ein hohes Gut; in der Dunkelheit, ohne die Wahrheit über die letzten Fragen zu leben, ist hingegen ein Übel, das oft Leiden und manchmal dramatische Formen der Sklaverei verursacht.
Der Christ muss in der Tat dem Evangelium den Vorrang gegenüber seiner Inkulturation geben. Sonst werden sich jene widersprechen, die das Christentum heute der Hellenisierung anklagen und die fast immer alle „Inkulturisten“ sind und sie werden heute insistieren auf die Afrikanisierung des Evangeliums oder seine Amerikanisierung, etc…. (Fidesdienst 5/6/2008)


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