Asien/Indien - In der Diözese Jhabua scheint sich die Situation beruhig zu haben, doch der Bischof äußert sich alarmiert: Mobilisierung und Diffamierungskampagne hinduistischer Extremisten gehen weiter – Der Zustand des misshandelten Priesters ist weiterhin schlecht

Mittwoch, 21 Januar 2004

Jhabua (Fidesdienst) – Nach den jüngsten Spannungen und Episoden der Gewalt scheint sich die Situation in der Diözese Jhabua im indischen Unionsstaat Madya Pradesh an der Grenze zu Gujarat wieder beruhigt zu haben. In den vergangen Tagen hatten die hinduistischen Extremisten der Vishwa Hindu Parishad, der Bajragdal und der Durga Vahini Unruhen verursacht und versucht christliche Gemeinden konkret anzugreifen oder diesen mit Diffamierungskampagnen Schaden zu zufügen.
Extremisten hatten zunächst den Rektor und die in einer katholischen Schule in Jhabua unterrichtenden Ordensschwestern für den mysteriösen Mord an einer Schülerin verantwortlich gemacht, die am 11. Januar auf dem Schulgelände ermordet worden war. Unterdessen konnte der Täter von der Polizei festgenommen werden. Die Proteste haben sich beruhigt.
Diese jüngsten Ereignisse sind für die katholische Kirche Anlass zu weiterer Sorge. Der erst vor kurzem in das Amt des Vorsitzenden der Indischen Bischofskonferenz gewählte Kardinal Telesphore Toppe erklärte in einer Pressekonferenz in Delhi, dass „die Unruhen in Jhabua wahrscheinlich kein Zufall sind“. „Es handelt sich um von Extremisten geplante Aktionen, die daran interessiert sind, Unruhe zu stiften. Dies ist sehr beunruhigend.“. Nach Angaben christlicher Augenzeugen handelt es sich bei den Unruhestiftern nicht um Einwohner der Gegend, sondern um extremistische Gruppen aus dem benachbarten Gujarat.
Alarmiert äußerte sich auch Bischof Chancko Thottumarickal von Jhabua, der in einem Schreiben, das dem Fidesdienst vorliegt, über den Vorfall berichtet und dabei vor allem seine Sorge im Zusammenhang mit ideologischer Propaganda zum Ausdruck bringt, die in seiner Diözese weiterhin zum Schaden christlicher Gemeinden betrieben wird.
Die Unruhen begannen mit dem tragischen Unfall am 11. Januar, als ein Mädchen auf dem Gelände einer katholischen Schule tot aufgefunden wurde. Am 13. Januar schlossen sich verschiedene hinduistische Extremistengruppen einer öffentlichen Protestkundgebung an, in deren Rahmen auch Plakate und Handzettel mit Slogans gegen Christen verteilt wurden. Die aufgebrachte Menge verübte dabei auch Übergriffe auf katholische Einrichtungen und Kultstätten, so dass es der Polizei nur mit Mühe gelang, die Situation zu kontrollieren. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen verhörten Polizeibeamte auch katholische Priester. Am Tag danach drangen über 1000 Extremisten in das Schulgelände ein, wo 10 Priester, 10 Schwestern und 75 Schüler mehrere Stunden lang festgehalten wurden.
Am 15. Januar besuchte der Ministerpräsident des Unionsstaates Madhya Pradesh, Mitglied der Baratiya Janata Party, den Verwaltungsbezirk und forderte die Menschen zur Wiederherstellung des harmonischen Zusammenlebens auf. Dabei traf er sich unter anderem auch zu Gesprächen mit dem katholischen Bischof.
Noch am Abend desselben Tages konnte die Polizei den Mörder des Mädchens festnehmen: es handelt sich dabei um einen gewissen Manoj Yadav, der in einem Büro in der Nähe der Kirche beschäftigt war. Doch es kam trotzdem zu weiteren Episoden der Gewalt: Am Nachmittag kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Hindus und evangelischen Christen in dem rund 80 Kilometer von Jhabua entfernten Dorf Amkut, bei denen ein Hindu und zwei Christen starben. Im benachbarten Ort Alirajpur wurde der Salesianerpater Stanny Ferreira von Extremisten misshandelt und dabei schwer verletzt.
„Gegenwärtig scheint sich die Lage wieder beruhigt zu haben“, so ein Beobachter aus Kreisen der Ortskirche gegenüber dem Fidesdienst, „doch es handelt sich dabei nur um eine scheinbare ruhe, denn die Lage ist weiterhin angespannt und könnte jeden Moment explodieren“.
„Unterdessen“, so Bischof Chancko Thottumarickal im Gespräch mit dem Fidesdienst, „gehen Mobilisierung und Diffamierungskampagnen gegen Christen weiter. Überall in der Stadt hängen Plakate und mit Hetzschriften gegen die katholische Kirche. Das ist eine Schande. Eine solche Kampagne kann nur zu weiterer Gewalt führen.“
(PA) (Fidesdienst, 21/1/2004 – 55 Zeilen, 598 Worte)


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