VATIKAN - Papst Benedikt XVI. in den USA - „Die Aufgabe der Erziehung ist wesentlicher Bestandteil der Sendung der Kirche bei der Verkündigung des Evangeliums. Zuallererst ist jede katholische Bildungseinrichtung ein Ort der Begegnung mit dem lebendigen Gott“

Freitag, 18 April 2008

Washington (Fidesdienst) - „Die Aufgabe der Erziehung ist wesentlicher Bestandteil der Sendung der Kirche bei der Verkündigung des Evangeliums. Zuallererst ist jede katholische Bildungseinrichtung ein Ort der Begegnung mit dem lebendigen Gott“, so Papst Benedikt XVI. in seiner Ansprache an die Dozenten und Studenten der „Catholic Universität of America“ in Washington, die er am Nachmittag des 17. April besuchte. Es folgen Auszüge aus der Ansprache:
„die Dynamik der persönlichen Begegnung, des Wissens und des christlichen Zeugnisses ist wesentlicher Bestandteil der Diakonia der Wahrheit, den die Kirche unter den Menschen ausübt … gegen persönliche Konflikte, moralische Verwirrung Bewusstseinsspaltung sind die edlen Ziele der akademischen Bildung und der Erziehung, die auf der Einheit der Wahrheit und der und des Dienstes an der Person und an der Gemeinschaft, ein besonders wichtiges Instrument der Hoffnung.“
„Die katholische Glaubensgemeinschaft in diesem Land hat die Bildung zu einer ihrer wichtigsten Prioritäten gemacht. Dieses Unterfangen ließ sich nicht ohne große Opfer verwirklichen …Diese Opfer existieren auch heute noch. Es ist ein ausgezeichnetes Apostolat der Hoffung, wenn man versucht sich um die materiellen, intellektuellen und geistlichen Bedürfnisse von über 3 Millionen Schülern und Studenten zu bemühen… keinem Kind darf das Recht auf Glaubenerziehung vorenthalten werden, die ihrerseits den Geist der Nation speist.“
„Es ist deshalb nützlich, darüber nachzudenken was unsere katholischen Bildungseinrichtungen besonders auszeichnet. Wie können sie zum Wohl der Gesellschaft durch den Evangelisierungsauftrag der Kirche beitragen? … Alle Aktivitäten der Kirche erwachsen aus dem Bewusstsein, dass sie Überbringerin einer Botschaft ist, die ihren Ursprung in Gott selbst hat… Der Wunsch Gottes, sich zu erkennen zu geben und der angeborene Wunsch jedes Menschen die Wahrheit zu kennen liefern den Kontext für die menschliche Suche nach dem Sinn des Lebens.
„Die Identität einer katholischen Universität oder Schule ist nicht einfach eine Frage der Anzahl der katholischen Studenten. Sie ist vielmehr einer Frage der Überzeugung … Sind wir wirklich bereit unser ganzes ich - Intellekt und Wille, Gedanken und Herz - Gott anzuvertrauen? Akzeptieren wir die Wahrheit, die Christus offenbart? Ist in unseren Schulen und Universitäten der Glaube „greifbar“? … Aus einer solchen Perspektive kann man erkennen, dass die heutige „Wahrheitskrise“ in einer „Glaubenskrise“ wurzelt. Nur durch den Glauben können wir unsere freie Zustimmung zum Zeugnis von Gott geben und ihn als transzendenten Garanten der Wahrheit anerkennen, die er offenbart … In der Tat sehen wir und wir müssen es mit Sorge feststellen, dass viele Personen heute Schwierigkeiten haben…wenn es darum geht, sich selbst Gott anzuvertrauen. Dies ist ein sehr komplexes Phänomen … Freiheit bedeutet nicht sich „von etwas zu befreien“, sondern frei zu sein, sich „für etwas zu engagieren“ … Demzufolge kann auch eine authentische Freiheit nie durch die Entfernung von Gott erreicht werden… Deshalb trägt jeder unter euch eine besondere Verantwortung …wenn es darum geht, unter euren jungen Menschen den Wunsch nach einer Handlung des Glaubens zu wecken und sie dazu zu ermutigen, sich für das kirchliche Leben zu engagieren, das aus einer solchen Handlung des Glaubens erwächst. Hier erreicht die Freiheit die Gewissheit der Wahrheit“. „Deshalb kann die katholische Identität natürliche nicht von Statistiken abhängig sein. Und sie kann auch nicht einfach mit einer Orthodoxie der Lehrpläne gleichgestellt werden. Was sie fordert und was sie inspiriert ist viel mehr: denn jeder Aspekt eurer Studiengemeinschaft soll im kirchlichen Leben Niederschlag finden.“
„Manchmal … wird der Wert des Beitrags der Kirche zur öffentlichen Debatte in Frage gestellt. Deshalb ist es wichtig, dass wir daran erinnern, dass die Wahrheit des Glaubens und die Wahrheit der Vernunft sich nicht voneinander unterscheiden. Die Sendung der Kirche verwickelt diese de facto in die Suche der Menschen nach Wahrheit. Die Kirche wird nie müde, die wesentlichen moralischen Kategorien der Rechten und des Unrechten zu fördern, ohne die die Hoffnung nur schwinden kann, indem man dem kalten pragmatischen Kalkül der Nützlichkeit den Weg ebnet, das den Menschen zu einem kleinen Stein auf einem imaginären Schachbrett macht“.
Mit Zuversicht können christliche Erzieher Jugendliche von den Schranken des Positivismus befreien und in ihnen die Sensibilität für die Wahrheit neu wecken, für Gott und seine Güte. Auf diese Weise werdet ihr auch zur Bildung ihres Gewissens beitragen, das bereichert durch den Glauben einen sicheren Weg zum inneren Frieden und zum Respekt gegenüber den Mitmenschen führt… Wir beobachten heute eine gewisse Schüchternheit gegenüber der Kategorie des Guten und eine ratlose Jagd nach Neuheiten bei der Verwirklichung der Freiheit. Wir sind Zeugen der Überzeugung davon, dass jede Erfahrung gleichen Wert hat und der Abneigung gegenüber dem Eingestehen von Unperfektem oder Fehlern. Es ist besonders beunruhigend, wenn man sieht, dass der wichtige und delikate Bereich der Sexualerziehung auf eine Einschätzung des „Risikos“ reduziert wird, und jeglicher Bezug auf die Schönheit der ehelichen Liebe fehlt“.
„Wie können wir als christliche Erzieher darauf reagieren? Diese gefährliche Entwicklung zeigt die Notwendigkeit dessen, was wir als „intellektuelle Nächstenliebe“ bezeichnen könnten. Dieser Aspekt der Nächstenliebe erfordert vom Erzieher, dass es ihm bewusst ist, dass die große Verantwortung, die er dabei trägt, wenn es darum geht junge Menschen zur Wahrheit hinzuführen nichts anders ist, als ein Akt der Liebe … In der Praxis ist die „intellektuelle Nächstenliebe“ eine Stütze für die wesentliche Einheit des Wissens gegen die Spaltung, die sich ergibt, wenn man die Vernunft von der Suche nach Wahrheit trennt…“
„Liebe Freunde, ich möchte meine Ansprach damit beschließen, dass ich die Aufmerksamkeit auf die große Bedeutung euer Kompetenz und eures Zeugnisses in unseren katholischen Universitäten und Schulen lenke. Insbesondere sei es mir erlaubt euch für heure Widmung und Hingabe zu danken. … Ich möchte den großen Wert der akademischen Freiheit hervorheben … Es ist auch angebracht, daran zu erinnern, dass jeder Bezug auf das Prinzip der akademischen Freiheit bei der Rechtfertigung von Positionen die dem Glauben oder der Lehre der Kirche widersprechen die Identität und die Sendung der Universität behindern oder diese sogar verraten würden … Religionslehrer, sowohl die Laien als auch die Ordensleute unter ihnen möchte ich dazu ermutigen, dass sie sich täglich dafür einsetzen, dass junge Menschen von Tag zu Tag mehr dazu in der Lage sind, das Geschenk des Glaubens zu schätzen … es ist notwendig, dass Lehre eine klare und genaue Vorstellung vom spezifischen Wesen und von der Rolle des katholischen Bildungswesens haben… Ich möchte dabei auch an alle Priester und Ordensleute appellieren: führt euren erzieherischen Dienst weiter; erneuert eure Hingabe an die Schulen, insbesondere in den armen Regionen … Alle anwesenden Ordensleute ermutige ich auch dazu mit neuer Begeisterung geistliche Berufungen zu fördern. Ihr soll wissen, dass euer Zeugnis von den Idealen der Weihe und der Sendung unter den Jungen Menschen eine wichtige Quelle der Inspiration im Glauben für sie und ihre Familien ist.“
„Euch allen sage ich: seid Zeugen der Hoffung! Speist euer Zeugnis aus dem Gebet.“ (SL) (Fidesdienst, 18/04/2008 - 90 Zeilen, 1.140 Worte)


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